13.
Hat es hiermit seine Richtigkeit, warum sollten wir dann nicht in gleicher Weise auch das Vorhandensein von Sekten unter den Christen rechtfertigen können? Hierüber hat sich meines Erachtens Paulus ganz wunderbar so ausgesprochen: „Denn es muß ja Spaltungen unter euch geben, damit die Bewährten offenbar werden unter euch“1. Wie nur der in der Heilkunst ausgezeichnet ist, der sich in verschiedenen Schulen geübt und nach verständiger Prüfung der Wehrzahl die beste erwählt hat, und wie der wahre Fortschritt in der Philosophie auf der Kenntnis ihrer zahlreichen Richtungen und der Übung in ihnen und dem Anschluß an die überlegene Lehre beruht, so möchte ich behaupten, dass auch der die gründlichste Kenntnis des Christentums besitzt, der in die jüdischen und christlichen Sekten sorgfältig Einsicht genommen hat. Wer aber die christliche Lehre wegen der Sekten tadeln wollte, der müßte auch die Lehre des Sokrates tadeln, aus dessen Unterricht viele Schulen hervorgegangen sind, die nicht dieselben Anschauungen vertreten: aber auch Platons Lehren könnte man wegen Aristoteles angreifen, der den Unterricht seines Lehrers verließ und neue Ansichten aufstellte. Wir haben darüber bereits oben S. 220 gesprochen2. Celsus aber hat, wie mir scheint, von einigen Sekten Kenntnis genommen, die mit uns nicht einmal den Namen Jesus gemeinsam haben. Vielleicht ist die Kunde von den sogenannten Ophianern und Kaianern an sein Ohr gedrungen, oder von einer anderen Sekte dieser Art, die sich gänzlich von Jesus losgesagt hat. Aber dies berechtigt nicht im geringsten, gegen den christlichen Glauben einen Vorwurf zu erheben.
