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Celsus glaubt aber, „dass wir solche Ermahnungen an die Sünder richten, um sie zu bekehren, weil wir nicht imstande wären, einen wirklich braven und rechtschaffenen Menschen zu gewinnen“, und dass wir deswegen „den ruchlosesten und verworfensten Leuten die Tore öffneten“ Wenn man aber die Masse unserer Gläubigen ohne Vorurteil betrachten will, so werden wir eine größere Zahl S. 279 von solchen, die vor ihrer Bekehrung so ganz schlimm nicht gelebt haben, nachweisen können, als von solchen, die von den verruchtesten Sünden bekehrt worden sind. Denn es ist ja natürlich, dass diejenigen, welche ein besseres Gewissen haben und den Wunsch hegen, dass die Verkündigung von der dem Guten durch Gott zugedachten Belohnung wahr sein möchte, deshalb unserer Lehre viel bereitwilliger zustimmen als jene, die ein recht lasterhaftes Leben geführt haben. Diese will nämlich ihr böses Gewissen nicht glauben lassen, dass von dem über allen waltenden Richter solche Strafen über sie dereinst verhängt werden sollen, wie sie die Größe ihrer Schuld verdienen, und der höchste Richter mit gutem Grunde aussprechen dürfte. Manchmal sind auch ganz lasterhafte Menschen geneigt, die Lehre von der strafenden Gerechtigkeit gelten zu lassen, da sie durch Buße Verzeihung zu erlangen hoffen; aber wenn sie unter Bedenken1 die Taufe erhalten haben, so werden sie durch ihre Gewöhnung an die Sünde in der Besserung gehemmt und können sich, in die Lasterhaftigkeit gleichsam eingetaucht, vor dieser nur noch mit Mühe und Anstrengung losmachen und ein geordnetes und vernünftiges Leben beginnen. Dies hat auch Celsus irgendwie eingesehen und spricht sich deshalb im folgenden so aus: „Und für wahr, es ist wohl jedem klar, dass die zum Sündigen von Natur Bestimmten und daran Gewöhnten von keinem, auch nicht durch Strafen vollständig umgewandelt werden können; denn seine Natur völlig zu ändern, ist die schwierigste Sache von der Welt. Die Sündlosen aber haben Anteil an einem besseren Leben.“
Siehe Scan. ↩
