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Celsus kommt dann auf „den Liebling des Kaisers Hadrian“, ich meine auf den Jüngling Antinoos, und auf „die Verehrung“ zu reden, die diesem von den Bewohnern der ägyptischen Stadt Antinoopolis erwiesen wird, und meint, dass „diese in nichts hinter der Ehre zurückstehe, die wir Jesus erzeigen“ Wir wollen auch diese Behauptung als Ausfluß seiner Gehässigkeit nachweisen. Denn was hat das Leben des Lustknaben Hadrians, der mit seiner krankhaften Sinnlichkeit nicht einmal dessen männliches Geschlecht verschonte, mit S. 245 dem erhabenen Leben unseres Jesus gemein, dem seine Widersacher, die ihn doch tausendfach verklagten und mit einer Menge von Lügen überhäuften, nicht die geringste auch nur gelegentliche Ausschweifung zur Last legen konnten? Wenn jemand die Geschichte des Antinoos wahrheitsliebend und unparteiisch untersucht, so wird er wohl finden, dass Zauberkünste und geheime Bräuche der Ägyptier die wirklichen Ursachen davon sind, dass Antinoos, wie die Leute glauben, noch nach seinem Tode Wunder in der Stadt wirkt, die seinen Namen trägt. Ähnliches soll, wie berichtet wird, auch in andern Tempeln bei den Ägyptiern und bei andern Völkern, die sich auf solche Dinge verstehen, vorkommen. Sie lassen an diesem oder jenem Orte Dämonen hausen, die weissagen oder Kranke heilen, oftmals aber auch diejenigen peinigen, die durch Genuß von unreinen Speisen oder durch Berührung einer menschlichen Leiche sich vergangen zu haben scheinen, um nämlich dem ungebildeten Volke bange machen zu können1.
Von solcher Art ist auch der Gott2, der in der ägyptischen Stadt Antinoopolis verehrt wird. Seine Wundertaten sind von Leuten erdichtet, die im Betrug ihren Vorteil finden, andere aber werden von dem Dämon, der dort seinen Aufenthalt genommen hat, getäuscht oder von ihrem ängstlichen Gewissen geschreckt, so dass sie glauben, eine von dem Gott Antinoos verhängte Strafe abzubüßen. Nicht anders verhält es sich mit dem Geheimdienst, den sie begehen, und den angeblichen Weissagungen, die sie erteilen. Sie sind von denen unseres Jesus ganz und gar verschieden, denn nicht „eine Betrügerbande, die irgendeinem König auf seinen Befehl, oder einem Fürsten nach seiner Anordnung willfährig sein wollte, schien ihn zu einem Gott erhoben zu haben“, sondern der Schöpfer aller Dinge selbst hat ihn mit jener wunderbar S. 246 überzeugenden3 Macht, die seinem Worte innewohnt, für würdig erklärt, Ehre zu empfangen nicht nur von den Menschen, die vernünftig leben wollen, sondern auch von den Dämonen und andern unsichtbaren Mächten. Man sieht, dass diese bis zum heutigen Tage entweder die Macht seines Namens, welche die ihrige übertrifft, fürchten, oder ihn mit frommer Scheu als ihren gesetzmäßigen Herrn anerkennen. Hätte ihn Gott nicht in solcher Weise bezeugt, so würden die Dämonen nicht auf die bloße Nennung seines Namens hin von den von ihnen Besessenen ablassen.
