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Celsus bringt auch dies vor, "es sei den Juden vorhergesagt worden, wenn sie dem Gesetze nicht gehorchten, so würden sie dasselbe erleiden, was sie ihren Feinden angetan hätten". Und bevor Celsus diesen Worten etwas hinzusetzt und die vermeintlichen Gegensätze zwischen der Lehre Christi und dem Gesetze S. 665 1 verwendet, müssen wir über das vorher von ihm Gesagte reden. Wir betonen also, dass das Gesetz ein doppeltes ist, das eine buchstäblich und das andere dem Sinne nach zu verstehen, wie auch schon einige vor uns gelehrt haben. Und vom dem buchstäblich verstandenen Gesetze sagen nicht sowohl wir, als vielmehr der Gott, der in einem der Propheten redet, dass es "keine guten Rechtsgründe und "keine guten Anordnungen"2 enthalte; das dem Sinne nach verstandene Gesetz aber wird bei demselben Propheten von Gott als "gute Rechtsgründe" und "gute Anordnungen"3 bezeichnet.
Denn der Prophet kann ja an derselben Stelle nicht zwei Dinge vorbringen, die sich offenbar widersprechen. Paulus stimmt mit ihm überein, wenn er sagt, dass "der Buchstabe", das ist das buchstäbliche Verständnis des Gesetzes,"tötet", während "der Geist", das ist die geistige Auffassung des Gesetzes "lebendig macht"4 . Solche Stellen, von denen man glauben könnte, dass sie Widersprüche enthalten, kann man also bei Paulus ebensogut wie bei dem Propheten finden. Denn wie Ezechiel an der einen Stelle sagt: "Ich gab ihnen Rechtsgründe, die nicht gut waren, und Anordnungen, die nicht gut waren, in denen sie nicht ihr Leben haben sollten"5 , ein Satz, der doch die gleiche Geltung wie jener hat, so schreibt auch Paulus, wo er die buchstäbliche Auslegung des Gesetzes herabsetzen will: "Wenn aber der Dienst des Todes, der mit Buchstaben in Steine eingegraben war, eine solche Herrlichkeit hatte, dass die Söhne Israels dem Moses nicht ins Angesicht sehen konnten wegen des Glanzes seines Antlitzes, der doch vergänglich war, wie sollte nicht vielmehr der Dienst des Geistes Herrlichkeit haben?"6 Wo er aber S. 666 das Gesetz bewundert und annimmt, nennt er es "geistig", indem er sagt: "Wir wissen aber, dass das Gesetz geistig ist"7 und billigt es mit den Worten: "Daher ist das Gesetz heilig, und das Gebot ist heilig, gerecht und gut"8 .
