36.
Nach diesen Bemerkungen, die wir nach Kräften widerlegt haben, fährt Celsus wieder fort: " Die aber werden wiederum fragen, wie sollen diejenigen Gott erkennen, die ihn nicht durch sinnliche Wahrnehmung erfassen? Was kann man denn ohne sinnliche Wahrnehmung kernen? Dann gibt er darauf Antwort und sagt: "Das ist nicht die Stimme eines Menschen, auch nicht die der Seele, sondern die Stimme des Fleisches. Trotzdem aber sollen sie nun, wenn sie, das elende und fleischlich gesinnte Geschlecht, noch etwas zu verstehen vermögen, unsere Unterweisung hören: Wenn ihr die Augen für die sinnliche Wahrnehmung schließ und mit dem Geiste aufwärts schaut, und wenn ihr euch vom Fleische abwendet und Augen der Seele auftut, dann allein werdet ihr Gott sehen. Und wenn ihr einen Führer für diesen Weg S. 686 sucht, so müßt ihr die Gaukler und die Zauberer und die Gespensterbeschwörer meiden, ihr würdet euch ja sonst ganz und gar lächerlich machen, wenn ihr die andern Götter, die sich als solche erweisen, als Gespenster verlästert, den aber, der noch viel erbärmlicher ist als die wahrhaften Gespenster selbst, und gar nicht einmal ein Gespenst mehr, sondern ein wirklicher Toter ist, verehrt und einen Vater sucht, der ihm ähnlich ist." Die erste Bemerkung, die wir zu diesen Worten zu machen haben, betrifft sein Verfahren, andere Personen redend einzuführen, wobei er uns Worte als von uns gesprochen in den Mund legt zur Verteidigung der Lehre von "der Auferstehung des Fleisches". Nun besteht die Tüchtigkeit eines Schriftstellers, der Personen redend einführt, darin, dass er die Willensrichtung und den Charakter der eingeführten Person wahrt und festhält, seine Untüchtigkeit aber darin, dass er der redenden Person Worte in den Mund legt, die ihr nicht zukommen.
Und in gleicher Weise wie diejenigen tadelnswert sind, welche bei der Einführung von Personen etwa Barbaren und Ungebildeten oder Sklaven und Leuten, die noch niemals philosophische Lehren gehört haben und sie auch nicht richtig ausdrücken können, eine Philosophie in den Mund legen, die zwar dem die Person einführenden Schriftsteller geläufig, der redenden Person aber der Wahrscheinlichkeit nach unbekannt ist, in gleicher Weise sind andererseits auch diejenigen tadelnswert, welche die nach ihrer Voraussetzung als Philosophen und Kenner des Göttlichen geltenden Personen Worte sprechen lassen, die nur ungebildete und von gemeinen Leidenschaften beherrschte Leute im Munde führen und infolge von Unkenntnis aussprechen. Daher wird Homer bei vielen bewundert, weil er die Persönlichkeit seiner Helden, wie er sie von Anfang an gestaltet hatte, z.B. die des Nestor oder des Odysseus oder des Diamides oder des Agamemnon oder des Telemachos oder der Penelope oder eines der übrigen, wahrt S. 687 und festhält. Euripides dagegen wird von Aristophanes in der Komödie als unzeitiger Schwätzer verspottet, weil er philosophische Sätze, die er von Anaxagoras oder einem1 Weltweisen gehört hatte, oft barbarischen Frauen oder Sklaven in den Mund legt.
andern ↩
