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Aber wir glauben auch nicht, dass Gott nur an einem Orte sei, und werden uns deshalb bei niemand S. 683 erkundigen und fragen:„ Wie sollen wir zu ihm gelangen?“ Denn Gott ist erhaben über jeden Ort, und fähig jeden Ort, welcher es auch sei, zu umfassen; und nichts gibt es, wodurch Gott umfaßt werden könnte. Durch das Gebot: „Dem Herrn, deinem Gott, folge nach!“1 wird uns also nicht anbefohlen, dass wir in körperlicher Weise zu Gott gelangen sollen; auch war der Prophet nicht leiblich mit Gott verbunden, wenn er in einem Gebete sagt: „Meine Seele ist mit dir verbunden“2 . Celsus spricht also Lügen wider uns aus, wenn er behauptet, „wir erwarteten, Gott mit den Augen des Leibes zu sehen, mit unseren Ohren seine Stimme zu hören und mit diesen sinnlichen Händen ihn zu berühren“** Die Heilige Schrift redet, wie wir wissen, von Augen, Ohren und Händen, die mit diesen Teilen unseres Leibes nur den Namen gemein haben, und spricht, was noch auffallender ist, von einer göttlicheren Wahrnehmung, die ganz von dem verschieden ist, was die Menschen gewöhnlich so heißen. Denn wenn der Prophet sagt: „Öffne meine Augen, dass ich deine Wunder aus [deinem] Gesetz erkennen kann“3 , [oder] „Das Gebot des Herrn ist hell und erleuchtet die Augen“4 , oder: „Erleuchte meine Augen, dass ich nicht etwa entschlafe zum Tode“5 , so ist niemand so unsinnig zu glauben, dass man „die Wunder des göttlichen Gesetzes“ mit den Augen des Leibes betrachten könne, oder dass das Gebot des Herrn zur Erleuchtung der Augen des Körpers diene, oder dass es einen den Tod herbeiführenden Schlaf bei den Augen des Körpers gäbe. Wenn unser Heiland sagt:
„Wer Ohren hat zu hören, der höre“6 , so begreift auch der erste beste, dass die Ohren, die hier gemeint sind, von göttlicherer Art sind als die leiblichen. Und wenn die Schrift sagt, dass S. 684 „das Wort des Herrn in der Hand des Propheten Jeremia“7 , oder irgendeines anderen Propheten, oder dass „das Gesetz in der Hand es Moses geruht habe“8 , oder „Ich suchte Gott mit meinen Händen und wurde nicht betrogen“9 , so ist niemand so unverständig, um nicht einzusehen, dass „die Hände“ bildlich zu verstehen seien, von welchen auch Johannes sagt: „Unsere Hände betasten das Wort des Lebens“10 . Wenn man ferner aus der Heiligen Schrift etwas über die höhere und nicht leibliche „Erkenntnis“ lernen will, so höre man nur den Salomo in den Sprichwörtern so reden: „Du wirst göttliche Erkenntnis finden“11 .
