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Celsus hat sich die Schrift ein wenig angesehen, wenn er Jesus sagen läßt, "es würde ein gewisser Satanas solche Dinge veranstalten" Aber er überstürzt sich doch ein wenig, wenn er behauptet, Jesus "leugne gar nicht, dass diese Wundertaten nichts Göttliches an sich hätten, sondern Werke ruchloser Menschen seien"; denn er rechnet diese Dinge, die voneinander wesentlich verschieden sind, zur S. 167 nämlichen Art. Wie Hund und Wolf, wie Haustaube und Wildtaube trotz ihrer scheinbaren Ähnlichkeit in Körpergestalt und Stimme doch nicht zu einer Art gehören, so hat auch das durch die Kraft Gottes Vollbrachte mit dem, was durch Zauberei geschieht, nichts gemein.
Den böswilligen Angriffen des Celsus können wir auch noch mit der Frage begegnen: Wie, von bösen Geistern sollen Wunder mittelst Zauberei gewirkt werden, die erhabene Gottheit aber soll kein Wunder vollbringen? Und das Leben der Menschen muß zwar das Schlimmere ertragen, hat aber für das Bessere durchaus keinen Raum? Dies muß man, glaube ich, als allgemeinen Grundsatz aufstellen: Wo sich etwas Böses in den Schein des Guten hüllt, da muß dem Bösen stets etwas Gutes gegenüberstehen. In dieser Weise müssen auch bei jenen Dingen, die mittels Zauberei verrichtet werden1, im Leben ganz notwendig solche vorhanden sein, die durch göttliche Kraft geschehen. Und es kommt folgerichtig auf dasselbe hinaus: man muß entweder beides leugnen und keines annehmen; oder wenn man das eine, besonders das Böse, annimmt, muß man auch das Gute als vorhanden zugeben. Wer aber Wirkungen von Zauberei ansetzen, dagegen Wirkungen2 einer göttlichen S. 168 Kraft bestreiten wollte, der ist nach meiner Meinung einem Menschen ähnlich, der einräumt, dass es Trugschlüsse und Scheingründe, die der Wahrheit entbehren, aber die Wahrheit bieten wollen, gibt, dagegen aber leugnet, dass irgendwo bei den Menschen Wahrheit und Wissenschaft geübt werde, die sich nicht mit Trugschlüssen befaßt.
Wenn wir aber einmal annehmen wollen, dass bei Voraussetzung von Magie und Zauberei, ausgeübt von bösen Dämonen, die durch seltsame Beschwörungen gewonnen werden und Zauberern zu Diensten stehen, sich folgerichtig auch die Wirkungen einer göttlichen Kraft bei den Menschen finden müssen: warum sollen wir dann nicht auch die Leute, welche sich für Wundertäter ausgeben, nach ihrem Leben und ihrem Charakter gründlich prüfen und die Wirkungen und Folgen ihrer Wunder eingehend untersuchen, ob sie den Menschen Schaden bringen oder zur Besserung ihrer Sitten dienlich sind? Auf solche Weise werden wir erkennen, wer mit Hilfe böser Geister durch Beschwörungen und Zaubersprüche solche Werke tut, und wer "im reinen und heiligen Lande"3 der Seele und dem Geiste und, wie ich glaube, auch dem Leibe nach mit Gott verbunden und mit göttlichem Geist erfüllt, solche Dinge verrichtet zum Heile der Menschen und in der Absicht, sie zum Glauben an den wahren Gott zu bewegen. Wenn man aber einmal, ohne von den Wundern voreingenommen zu sein, untersuchen muß, wer sie in guter, oder wer sie in schlechter Absicht vollbringt, damit wir nicht alle als Werke göttlicher Kraft bewundern und annehmen, oder alle ohne Unterschied mit Verachtung behandeln; wird es dann nicht sonnenklar sein, dass Moses und Jesus durch göttliche Kraft die Wunder vollbracht haben, welche die Schrift von ihnen berichtet, da ganze Völker ihr Entstehen diesen Wunderzeichen verdanken? Denn Schlechtigkeit und Zauberei hätten nicht ein ganzes Volk geschaffen, das nicht nur die Götterbilder und die von Menschenhand errichteten (Göttertempel), sondern auch die ganze geschaffene Natur hinter sich gelassen hat und sich zu Gott, dem anfangslosen Urgrund aller Dinge, erhebt.
