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S. 179 Als ob dies vorkommen könnte, nämlich dass jemandem das Bild eines Verstorbenen so lebhaft vorschweben kann, dass er ihn für lebend hält, fährt Celsus dann von seinem epikureischen Standpunkt aus fort und sagt, dass „einer vielleicht die Anlage zu solchen Träumen in sich trug, oder, ein Opfer irregeleiteter Phantasie, sich nach Belieben ein solches Trugbild schuf“ und solche Dinge verbreitete; „wie dies,“ sagt er, „schon Tausenden begegnet ist.“ Er glaubt da einen recht schlimmen Vorwurf erhoben zu haben, beweist aber dann nichtsdestoweniger die innere Notwendigkeit der Lehre, dass die Seele der Verstorbenen fortlebt; und der Glaube an die Unsterblichkeit oder Fortdauer der Seele ist bei dem nicht grundlos, der diese Lehre angenommen hat; auch Plato sagt in seiner Abhandlung `Über die Seele', dass einigen Leuten „schattenartige Gespenster“ der schon Verstorbenen bei Grabdenkmälern erschienen wären1. Diese Schattenbilder Verstorbener bei Grabdenkmälern2 haben jedenfalls eine gewisse Voraussetzung, nämlich das Vorhandensein der Seele in dem sogenannten lichtähnlichen Körper. Celsus aber läßt eine solche Annahme nicht gelten, er will, dass manche Leute auch wachend „träumen“ und „nach ihrem, Belieben sich als Opfer irregeleiteter Phantasie ein Trugbild schaffen“. Dass dies im Traume geschehe, läßt sich wohl vernünftigerweise glauben; dass es aber im wachen Zustande geschehe, ist nicht wahrscheinlich bei Personen, die nicht völlig außer sich und irrsinnig oder schwermütig sind. Das ist auch dem Celsus nicht entgangen, wenn er das Weib „halbrasend“ nennt. Davon aber findet sich keine Andeutung in der Schrift, der er die Tatsachen entnimmt, die er bekämpft.
