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S. 229 Später kam ihr jedoch ein guter Gedanke mit einem nützlichen Rat: „Wenn Christus, den die Christen anbeten und zu dem ich Zuflucht nahm, mich von jener bösen Prüfung errettet hat, so will ich auch in sein Haus gehen und ihn dort anbeten, wie die Christen ihn anbeten." Sie stand auf und ging hin mit vielen ihrer Knechte und Mägde und vielen Gläubigen der Nachbarschaft, obwohl ihr Sinn noch nicht heil und gefestigt war. Der gute Herr, dessen Erbarmen überfließend ist, der will, daß alle Menschen sich vom Irrtum abwenden, durch seine Erkenntnis ihr Leben gewinnen und seine Herrschaft anbeten, sah nicht auf ihre geringe Einsicht und ihren kindlichen Sinn und ließ ihr Bemühen nicht eitel und nutzlos sein. Sobald sie die Kirche betrat, wie sie die Christen beten sah, betete und den lieblichen Klang des Psalmendienstes und der geistlichen Alleluja hörte, erhob sich ihr Herz sofort von dem finsteren Druck, der auf ihr lag, ihr Sinn erglühte und sie war ganz von großer, unaussprechlicher Freude erfüllt. In dem Feuer ihrer Liebe sah sie sich nicht mehr unter den Menschen, sondern unter den Himmlischen, wie gesagt ist1: „Es freue sich das Herz derer, die den Herrn suchen", und2: „Süß sind Deine Worte meinem Gaumen, mehr als Honig dem Mund." Durch die Vorsehung Gottes wurden an jenem Tage geeignete Abschnitte aus der Apostelgeschichte (πράξεις), den Briefen des Apostels und dem heiligen Evangelium gelesen, die zur Gotteserkenntnis belehren, antreiben, führen und ziehen, den heidnischen Irrtum und Götzendienst, sowie alle abscheulichen und schmutzigen Sitten der Kinder der Finsternis verwerfen. Sogleich öffnete Gott ihr Herz, wie das der herrlichen Lydia3, daß sie alles, was sie aus den heiligen Schriften hörte, verstand und annahm, besonders was zur künftigen Seligkeit anlockt. Von dieser Stunde an war sie fest entschlossen, mit aller Entschiedenheit und ohne Schwanken Christin zu werden und von der Liebe Christi nicht abzulassen, S. 230 auch wenn alle möglichen Prüfungen über sie kommen sollten.
