XXVII.
S. 73 Als aber Theodosius von Spanien her von Gratian zum Kaiser erwählt worden und im östlichen Reich dem Valens, seinem Oheim von Vaterseite, nachgefolgt war, kam die Manneszucht unter den Soldaten bald in einen bessern Stand. Darum bekam der Gote, als er die Faulheit und Nachlässigkeit der früheren Fürsten entfernt sah, Furcht. Denn der Kaiser, durch Scharfsinn, Tüchtigkeit und Umsicht gleich ausgezeichnet, spornte durch strenge Dienstvorschriften, durch Freigebigkeit und Gunstbezeigungen sein entmutigtes Heer zu tapferen Taten an. Als aber die Soldaten unter einem neuen, bessern Fürsten Selbstvertrauen gefaßt hatten, griffen sie die Goten an und verjagten sie aus Thrazien. Als jedoch dann der Fürst Theodosius so schwer erkrankte, daß man ihn fast aufgab, bekamen die Goten wieder ihre Kühnheit. Sie teilten ihr Heer, und Fritigern brach auf, um Thessalien, Epirus und Achaja zu brandschatzen, Alatheus aber und Safrak mit den übrigen Truppen zogen nach Pannonien. Sobald Kaiser Gratian, der damals sich von Rom nach den gallischen Provinzen begeben hatte wegen der Einfälle der Wandalen, erfuhr, daß die Goten wegen des verzweifelten Zustandes des Theodosius immer mehr Verheerungen anrichteten, kam er bald mit Heeresmacht gegen sie, nicht jedoch im Vertrauen auf seine Waffen, sondern um sie durch Vergünstigungen und Geschenke zu besiegen; er bewilligte ihnen die nötigen Nahrungsmittel und schloß mit ihnen Bündis und Frieden.
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