XLIV.
S. 112 Nach seinem Ableben folgte ihm sein Bruder Theodorid als Beherrscher der Wesegoten nach. Dieser fand bald in Rikiar, dem König der Suawen, der mit ihm verwandt war, einen Feind. Rikiar glaubte nämlich wegen seiner Verwandtschaft mit Theodorid auf den Besitz von nahezu ganz Spanien Ansprüche erheben zu dürfen, und hielt die Zeit, wo der König noch nicht fest auf seinem Throne saß, am geeignetsten dazu, es zu entreißen. Vorher hatten die Suawen in Gallien und Lusitanien Wohnsitze, die sich auf der rechten Seite Spaniens längs der Küste des Ozeans erstrecken; im Osten hatten sie Austrogonien, im Westen auf einem Vorgebirge das Heiligtum Scipios, eines römischen Heerführers, im Norden den Ozean, im Süden Lusitanien und den Tagus zur Grenze, der Goldkörner in seinem Sande birgt und mit gemeinem Schlamm Reichtümer fortwälzt. Von da also brach der Suawenkönig Rikiar auf und suchte sich in den Besitz von ganz Spanien zu setzen. Sein Verwandter Theodorid schickte als ein bedächtiger Mann Gesandte an ihn und sagte ihm im guten, er solle sich aus fremdem Gebiet entfernen und sich nicht herausnehmen, dasselbe anzugreifen; denn durch solch ehrgeizige Absichten werde er sich seine Feindschaft zuziehen. Jener aber erwiderte in seinem Hochmut und seiner Aufgeblasenheit: „Wenn du schon hier murrst und dich meinem Vordringen widersetzest, so werde ich nach Tolosa, in deine Residenz, kommen. Dort widerstehe, wenn du kannst“. Solche Worte erzürnten den Theodorid; er schloß mit den übrigen Völkern Frieden und rückte gegen die Suawen; dabei hatte er die Burgundzonenkönige Gundiuch und Hilperich zu S. 113 Bundesgenossen und treuen Gefährten. Es kam zum Kampf beim Fluß Ulbius, der zwischen Asturien und Iberien vorbeifließt. Als sich dann das Treffen entspann, blieb Theodorid mit den Wesegoten, die für die gerechte Sache kämpften, Sieger und schlug fast das ganze Volk der Suawen bis zur Vernichtung zu Boden. Ihr König Rikiar floh aus dem durch den Feind beunruhigten Gebiete, stieg in ein Schiff, wurde aber von widrigem Wind auf dem Tyrrhenischen Meer zurückgeschleudert und wieder in die Hände der Wesegoten gegeben. Der Elende entzog sich nicht länger dem Tod, obgleich er die Elemente vertauscht hatte. Der siegreiche Theodorid aber schonte die Unterworfenen und ließ nicht länger die Kampfwut über sie ergehen. Zum Herrn über die untertänigen Suawen setzte er einen eigenen Vassallen Agriwulf ein. Da jedoch dieser infolge der Einflüsterungen der Suawen seine Gesinnung veränderte, versäumte er es, die Befehle seines Herrn zu vollziehen; vielmehr glaubte er in hochmütiger Herrschsucht mit derselben Tapferkeit das Land behaupten zu können, mit welcher er es mit seinem Herrn zusammen unterworfen hatte. Er war nämlich ein Mann aus dem Stamm der Warner, der weit abstand vom Adel gotischen Blutes und deshalb weder nach Freiheit strebte, noch seinem Schutzherrn die Treue hielt. Auf die Kunde hiervon schickte Theodorid alsbald ein Heer gegen ihn, um ihn von der angemaßten Königsherrschaft zu stürzen. Nach seiner Ankunft besiegte dieses denselben unverzüglich in der ersten Schlacht und vollzog an ihm die Strafe, die seinen Taten zukam. Er wurde nämlich gefangen genommen, und, von den Seinigen verlassen, büßte er mit dem Kopf; und so bekam er, der den gnädigen Herrn verachten zu dürfen geglaubt hatte, endlich den Zorn desselben S. 114 zu fühlen. Als nun die Suawen ihres Herrschers Untergang sahen, schickten sie gnadeflehende Priester ihres Landes an Theodorid. Mit der Ehrfurcht, die Priestern gebührt, nahm er sie auf, gewährte ihnen nicht bloß Straflosigkeit für die Suawen, sondern in frommer Stimmung gestattete er ihnen sogar, aus ihrem Volk sich einen Fürsten zu setzen. Das geschah, und die Suawen erhoben den Rimismund zu ihrem Häuptling. Nach diesen Taten und nachdem er überall den Frieden gesichert hatte, starb Theodorid im dreizehnten Jahre seiner Regierung.
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