XXXIII.
S. 85 Aber schon war der Wandalenkönig Gizerich von Bonifatius nach Afrika eingeladen, der, von Kaiser Valentinian beleidigt, nichts anders als durch das Unglück des Reiches sich rächen konnte. Dieser also lud sie mit Bitten zu sich ein. Darauf setzten sie an der schmalen Überfahrtsstelle über, welche die Gaditanische Meerenge heißt, durch einen Zwischenraum von kaum 7000 Schritten Spanien von Afrika trennt und als die Mündung des Tyrrhenischen Meeres in den Ozean sich ergießt. Gizerich, nun durch das Unglück der Römer weltberühmt geworden, war von mittlerer Größe, infolge eines Sturzes vom Pferde hinkend, von tiefen Gedanken und wenig Worten, ein Verächter der Üppigkeit, jähzornig, habgierig, sehr darauf bedacht, die Völker hintereinander zu hetzen; stets bereit, den Samen zu Zwiespalt auszustreuen und unter den Völkern Haß zu erregen. Dieser Mann betrat, wie erwähnt, auf die Einladungen des Bonifatius Afrika, wo er, wie man sagt, von der Gottheit selbst sein Ansehen erhielt und lang herrschte. Vor seinem Tod berief er die Schar seiner Söhne und setzte, um jeden Erbfolgestreit zu verhüten, fest, daß jeder nach seiner Altersstufe und den ihm zukommenden Ansprüchen, wenn er den andern überlebte, und zwar dem ältern der nächstjüngere nachfolgen sollte und diesem wieder der nächste. Da sie dieses lange Jahre beobachteten, besaßen sie glücklich die Herrschaft und besudelten sich nicht, wie andere Völker zu tun pflegen, durch Bürgerkrieg, sondern herrschten, indem der Reihe nach einer vom andern die Herrschaft überkam, in Frieden über ihre Völker. Ihre Reihe und Nachfolge war folgende: Der erste war Gizerich, Vater S. 86 und Herr, der folgende Hunerich, der dritte Gunthamund, der vierte Thrasamund, der fünfte Ilderich. Nachdem diesen zum Unglück seines Volkes, uneingedenk der Vorschriften seines Ahnherrn, Gelimer aus dem Reich vertrieben und getötet hatte, maßte er sich die Herrschaft an. Aber nicht blieb ihm ungestraft, was er getan. Denn bald traf ihn die Strafe vom Kaiser Justinian, und mit seinem ganzen Geschlecht und allen seinen Schätzen, auf denen er wie ein Räuber lag, wurde er nach Konstantinopel gebracht durch den berühmten Belesar, den Heermeister des Ostreichs, gewesenen Konsul und Patrizius. Hier bot er dem Volk im Zirkus ein großes Schauspiel und bereute seine Taten zu spät, da er sich vom Gipfel seiner königlichen Macht herabgestoßen sah; und ins Privatleben verwiesen, mit dem er sich nicht hatte begnügen wollen, starb er. So wurde Afrika, das bei der Einteilung des Erdkreises als der dritte Weltteil bezeichnet wird, nach ungefähr hundert Jahren vom Joch der Wandalen befreit und in die Freiheit des Römischen Reiches zurückberufen; und wie lange es auch wegen der Feigheit seiner Herren und der Untreue der Feldherren eine Barbarenschar von dem Körper des Römischen Reiches abgerissen hatte -, damals wurde es von einem klugen Herrn und treuen Feldherrn zurückberufen und erfreut sich dessen noch heute. Zwar mußte es auch nach diesem eine Zeitlang seine Zerrüttung durch Bürgerkrieg und durch die Treulosigkeit der Mauren beklagen; aber der Triumph des Kaisers Justinian, der von Gott verliehen wurde, brachte es bis zum völligen Frieden. Doch wozu brauchen wir zu berichten, was unser Gegenstand nicht heischt? Kehren wir zu unserer Aufgabe zurück.
Wallia, der Gotenkönig, wütete mit den Seinigen so S. 87 sehr gegen die Wandalen, daß er sie sogar in Afrika verfolgen wollte, hätte ihn nicht dasselbe Unglück erreicht, das ehedem den Alarich traf, als er nach Afrika wollte. Weit berühmt in spanischen Landen kehrte er, nachdem er einen unblutigen Sieg gewonnen hatte, nach Tolosa zurück; dem Römischen Reich überließ er nach Vertreibung der Feinde einige Provinzen, wie er es versprochen hatte. Er selbst wurde nach langer Zeit von einer Krankheit befallen und schied aus dem irdischen Leben. Gerade in dieser Zeit wanderte Beremud, der Sohn Thorismunds, von dem wir oben beim Verzeichnis der Amaler gesprochen, mit seinem Sohn Witirich von den Ostrogoten, die immer noch in Scythien unter der Unterdrückung der Hunnen seufzten, in das Reich der Wesegoten. Denn er war sich wohl der Trefflichkeit und des hohen Adels seines Geschlechts bewußt und glaubte, daß ihm deshalb leichter von seinen Verwandten die Führung übertragen werden würde, ihm, der als der Erbe vieler Könige bekannt war. Wer sollte auch bei einem Amaler Bedenken tragen, ihn zu wählen, wenn er ohne Thron war? Aber er wollte eben nicht einmal sehr mit dem prahlen, was er war, und jene hatten nach dem Tod Wallias den Theodorid zu seinem Nachfolger gemacht. Zu ihm kam Beremud und unterdrückte vermöge seiner hohen Seelenstärke mit gefälligen Schweigen die Hoheit seines Geschlechts; er wußte, daß den Herrschern Sprößlinge von königlichem Stamm immer verdächtig sind. Er duldete also, daß man ihn nicht kannte, um nicht Verwirrung zu bringen in das, was geordnet war. Auch wurde er mit seinem Sohn von König Theodorid außerordentlich ehrenvoll aufgenommen; ja dieser zog ihn in seinen Rat und zu seinem Tisch, nicht jedoch mit Rücksicht auf den Adel seines S. 88 Geschlechts, den er nicht kannte, sondern mit Rücksicht auf die Entschlossenheit und Geisteskraft, die er nicht verhehlen konnte.
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