LII.
S. 131 Um nun auf das Volk, um das es sich handelt, nämlich die Ostrogoten zurück zu kommen, die in Pannonien unter dem König Walamir und seinen Brüdern Thiudimir und Widimir wohnten, wenn auch örtlich getrennt, so doch einig im Sinn - es saß nämlich Walamir zwischen den Flüssen Skarniunga und Aquanigra, Thiudimir am See Pelsois, Widimir zwischen den beiden andern -, so geschah es, daß die Söhne Attilas auf die Goten als auf Abgefallene von ihrer Herrschaft, wie auf flüchtige Sklaven, fahndeten und ohne Wissen der anderen Brüder den Walamir allein überfielen. Dieser aber bereitete ihnen einen guten Empfang, wenn auch nur mit einer kleinen Schar, und nach langem Kampf schlug er sie so, daß kaum ein kleiner Teil der Feinde übrig blieb. Dieser eilte, in die Flucht gejagt, nach den Gegenden Scythiens, welche die Fluten des Danaber bespülen, den die Hunnen in ihrer Sprache Bar nennen. Darnach schickte Walamir an seinen Bruder Thiudimir einen Freudenboten; als aber derselbe in den Palast Thiudimirs kam, fand er hier an diesem Tag eine noch viel größere Freude. Diesem war nämlich gerade am selben Tage ein Söhnlein Theodorich, ein hoffnungsvolles Knäblein, wenn auch von einer Beischläferin Erelieva geboren. Nicht lange darnach, als die gewohnten Gaben vom Kaiser Marcian ausblieben, die sie unter der Form von Geschenken bekamen, um den Frieden zu halten, schickten Walamir und seine Brüder Thiudimir und Widimir an den Kaiser eine Gesandtschaft.
Diese sah, wie Theodorich, der Sohn des Triarius, ebenfalls ein Gote, aber nicht aus dem Blute der Amaler, S. 132 mit den Seinigen dort in hohem Ansehen stand, und daß er, in enger Freundschaft mit den Römern, die gewöhnlichen Jahrgelder erhielt, während man sie allein vernachlässigte. Da griffen die Goten wütend sogleich zu den Waffen und durchzogen plündernd und verheerend fast ganz Illyrikum. Sogleich änderte nun der Kaiser seinen Sinn und kam wieder zur alten Freundschaft zurück. Er schickte eine Gesandtschaft und zahlte die früheren, wie die bevorstehenden Geschenke aus, versprach auch, sie in Zukunft ohne Weigerung zu entrichten, und erhielt von ihnen den obenerwähnten Theodorich, das Söhnlein Thiudimirs, als Geisel für den Frieden. Dieser war schon zu einem Knaben von sieben Jahren herangewachsen und in das achte Jahr getreten. Als der Vater zögerte, ihn herauszugeben, flehte ihn der Oheim Walamir darum an, nur damit der Friede zwischen Römern und Goten ungestört bliebe. So wurde Theodorich von den Goten als Geisel ausgeliefert, wurde nach der Stadt Konstantinopel zum Kaiser Leo geführt, und da er ein schöner Knabe war, erfreute er sich der kaiserlichen Gunst.
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