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Celsus wiederholt sich dann; denn nachdem er oben über die Geburt des Gottes aus der Jungfrau schon viel gesagt und gespottet hatte, worauf wir ihm nach unsern Kräften auch entgegnet haben, bemerkt er: „Wenn Gott aber einen Geist von sich herabschicken wollte, wozu brauchte er1 dann in den Schoß eines Weibes einzublasen?2 . Denn da er sich schon auf das Bilden von Menschen verstand, so hätte er S. 628 auch diesen Geist mit einem Körper umkleiden können, ohne dass es nötig gewesen wäre, seinen eigenen Geist einer so großen Befleckung preiszugeben3 . So würde er auch keinem Unglauben begeGenet sein, wenn er von oben her sofort erzeugt worden wäre.“ Er redet so, weil er die jungfräuliche und reine und von aller Vergänglichkeit freie Geburt dieses Leibes, der zum Heile der Menschen dienen sollte, nicht verstanden hat. Und obwohl er die Lehre der Stoiker anführt und wirklich den Anspruch erhebt, ihre Ansicht von den Dingen, die weder gut noch böse sein sollen, zu kennen, glaubt er, dass die göttliche Natur „der Befleckung preisgegeben“ und auch befleckt worden sei, mag sie nun im Schoß eines Weibes verweilt haben, bis sie „mit einem Körper umkleidet wurde“, oder mag sie4 einen Körper angenommen haben. Celsus handelt hier ähnlich wie die Leute, welche der Ansicht sind, die Strahlen der Sonne würden befleckt und könnten nicht rein bleibe, wenn sie auf Düngerhaufen und übelriechende5 Körper fielen.
Und wenn Gott nach der Annahme des Celsus ohne Geburt den Körper um Jesus gelegt hätte, so wären doch die Menschen, welche den Körper mit ihren Augen sahen, nicht sofort zu dem Glauben gekommen, dass er nicht durch Geburt entstanden war; denn das, was man sieht, gibt nicht sofort an, woher und wie es entstanden ist. Denken wir uns zum Beispiel einen Honig, der nicht von den Bienen herkommt, so würde doch niemand, wenn er ihn kostet oder sieht, sofort angeben können, dass er nicht von den Bienen herstammt; wie auch der von Bienen bereitete Honig nicht sofort durch den Augenschein seinen Ursprung verkündet, sondern die Erfahrung angibt, dass dieser von Bienen herrührt. Ebenso lehrt die Erfahrung, dass der Wein vom Weinstock S. 629 herkommt, während das Kosten den Ursprung vom Weinstock nicht zur Kenntnis bringt. In derselben Weise gibt also der sinnlich wahrnehmbare Körper nicht an, auf welche Weise er entstanden sei. Das Gesagte wird man durch die Betrachtung der Himmelskörper bestätigt finden; wir nehmen ihr Dasein und ihren Lichtglanz wahr, wenn wir sie schauen; aber die sinnliche Wahrnehmung gibt uns doch wohl nicht an, ob sie geworden oder ungeworden sind. So haben sich auch hierüber verschiedene Ansichten gebildet; aber selbst diejenigen, die sie als geworden ansehen, sind über die Art und Weise ihrer Entstehung nicht unter sich einig. Denn auch dann, wenn die Vernunft unwiderleglich gefunden hat, dass sie entstanden sind, geben uns die Sinne keinen Aufschluß über die Art und Weise, auf welche sie entstanden sind.
