2.
Ich habe diese Bemerkungen gemacht, um die einfache Sprache der Schrift, die durch den Glanz des kunstgemäßen Ausdrucks in Schatten gestellt zu werden scheint, gegen die Angriffe zu verteidigen, die Celsus und andere dagegen erheben. Denn unsere Propheten, Jesus selbst und seine Apostel, sahen auf eine Art des Ausdrucks, der nicht nur das Wahre zum Inhalt hatte, sondern auch die große Menge zu gewinnen vermochte, bis ein jeder, so angetrieben und gewonnen, wie seine Kraft es erlaubte, zu dem Verständnis jener Geheimnisse emporstieg, die in den anscheinend einfachen Worten enthalten sind. Und wenn man sich etwas kühner ausdrücken darf, so hat die überaus schöne und kunstvoll ausgebildete Sprache des Plato und der ihm ähnlichen Stilkünstler, wenn überhaupt, nur wenigen genützt; dagegen hat die Redeweise der Männer, die zugleich einfacher und sachlich und mit Berücksichtigung der großen Menge gelehrt und geschrieben haben, einer viel größeren Anzahl von Menschen Nutzen gebracht. Man kann jedenfalls wahrnehmen, dass sich Plato nur in den Händen von Leuten findet, die als Gelehrte gelten, während Epiktet auch von gewöhnlichen Leuten bewundert wird, die in sich den Drang fühlen, gefördert zu werden, und den günstigen Einfluß bemerken, den seine Lehren ausüben.
Wir sagen dies nicht, um dem Plato einen Vorwurf zu machen - denn die reiche Menschenwelt hat auch diesen Mann zum Nutzen anderer hervorgebracht -, sondern um die Absicht von Männern aufzuzeigen, die dieses Wort gesprochen haben: „Und mein Wort und meine Verkündigung bestand nicht in Überredungskunst der Weisheit, sondern in Erweisung von Geist und Kraft; damit unser Glaube nicht auf Menschen-Weisheit, sondern auf Gottes-Kraft beruhe“1 . Das göttliche S. 528 Wort spricht sich dahin aus, dass die Rede, selbst wenn sie an sich wahr und höchst überzeugend sei, nicht genüge, um in die menschliche Seele einzudringen, wenn dem Redenden nicht auch eine gewisse Kraft von Gott verliehen würde, und wenn nicht der Hauch der Anmut auf den Worten ruhe, die ebenfalls nicht ohne Gottes Mitwirkung den Personen zuteil wird, deren Rede wirksam ist. Jedenfalls sagt der Prophet im siebenundsechzigsten Psalm: „Der Herr wird das Wort den Verkündigern der frohen Botschaft geben mit großer Kraft“2 .
Wollte man nun auch bei einigen Sätzen zugeben, dass die Griechen und die Bekenner unseres Glaubens dieselben Lehren haben, so besitzen diese doch nicht dieselbe Kraft, um Seelen zu gewinnen und danach zu bestimmen. Deshalb sind eben die Jünger Jesu - ungebildete Leute, wenn man an sie den Maßstab der griechischen Philosophie anlegt, - bei vielen Völkern des Erdkreises umhergezogen, indem sie, wie der Geist es wollte. jeden ihrer Zuhörer nach seinem Verdienste beeinflußten; die dann auch entsprechend der Hinneigung ihres freien Willens zur Aufnahme des sittlich Guten viel empfänglicher wurden.
