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S. 633 Und wenn dann Celsus die weitere Bemerkung macht:„Da nun ein göttlicher Geist in dem Körper war, so hätte dieser durchaus von den übrigen verschieden sein müssen entweder nach Größe oder Stimme oder Kraft oder Eindruck oder Gabe der Überredung“,1 , wie es denn ihm entgehen konnte, dass jener Körper von den andern dadurch verschieden war, dass er einem jeden in der Gestalt erschien, die seinem Vermögen und seinem Heile angemessen war. Es ist auch nicht zu verwundern, dass der von Natur wandelbare und veränderliche Stoff, der fähig ist, sich zu allem, was der Schöpfer will, umzugestalten und jede Eigenschaft, die der Meister will, anzunehmen, bald so beschaffen ist, dass das Wort gilt: „Er hatte nicht Gestalt noch Schönheit“, bald so herrlich und eindrucksvoll und bewundernswert, dass die drei Jünger, welche mit Jesus auf den Berg hinaufgestiegen waren, „auf ihr Angesicht fielen“2 , da sie diese große Schönheit sahen.
Aber Celsus wird sagen, das seien Erdichtungen, die sich in nichts von Märchen unterschieden, geradeso wie die übrigen von Jesus berichteten Wunder. Hiergegen haben wir uns bereits früher ausführlicher verteidigt- Die Lehre schließt aber auch etwas Geheimnisvolles in sich, wenn sie ausspricht, dass die verschiedenen Gestalten Jesu auf die Natur des göttlichen Wortes zurückzuführen seien, das sich dem großen Haufen nicht in gleicher Weise offenbart wie denen, die ihm auf den erwähnten „hohen Berg“3 zu folgen fähig sind. Für die noch unten Stehenden und noch nicht zum Aufstieg Vorbereiteten hat ja das Wort „nicht Gestalt noch Schönheit“4 , denn seine Gestalt ist für solche Leute „ungeehrt und verschwindend“ gegenüber den von Menschen gebildeten Worten, die hier übertragen „Menschenkinder“5 genannt werden. Wir möchten sagen, die Worte S. 634 der Philosophen, welche „die Menschenkinder“ sind, sehen viel schöner aus als das Wort Gottes, das der großen Menge verkündigt wird und auch „die Torheit der Verkündigung“6 aufweist. Und wegen „der Torheit der Verkündigung“, wie sie zutage tritt, sagen diejenigen, welche diese allein ins Auge fassen: „Wir sahen ihn, und er hatte nicht Gestalt noch Schönheit“7 . Für solche aber, die aus seiner Nachfolge Kraft gewonnen haben, und ihm auch beim Hinaufstieg „auf den hohen Berg“ folgen zu können, hat es eine göttlichere Gestalt. Diese kann man schauen, wenn man „ein Petrus“ ist, der den durch das Wort bewirkten Bau der Kirche in ihm erfaßte8 , und eine solche Stärke gewann, dass „keine Pforte der Hölle ihn überwältigen wird“, da er durch das Wort „aus den Toren des Todes emporgehoben ward“, damit er „all das Lob Gottes in den Toren der Tochter Sions verkünde“9 ; oder wenn man zu denen gehört, die ihren Ursprung aus gewaltigen und weit vernehmbaren Worten haben, und die durchaus nicht geistigen „Donners“10 ermangeln.
Doch woher sollten Celsus und die Feinde des göttlichen Wortes die die Lehren des Christentums nicht mit wahrheitsliebendem Sinn untersucht haben, die Bedeutung wissen, welche die verschiedenen Gestalten Jesu haben, und, füge ich bei, auch die Bedeutung der verschiedenen Altersstufen, sowie dessen, was er vor seinem Leiden und nach seiner Auferstehung von den Toten vollbracht hat?
