18.
Obgleich Celsus diese Dinge nicht versteht, hält er sich doch lange dabei auf und verursacht dadurch bei uns Wiederholungen; denn wir wollen keine seiner Behauptungen, auch nicht dem Scheine nach, ungeprüft beiseite lassen. Er sagt nun im folgenden: „Entweder verwandelt sich Gott wirklich, wie diese meinen, in einen sterblichen Leib, das ist aber, wie schon gesagt1, unmöglich, oder er selbst verwandelt sich nicht, bewirkt aber, dass die Zuschauer glauben, er habe sich verwandelt, und führt sie (also) in die Irre und lügt. Betrug und Lüge sind sonst aber schlimme Dinge, nur als Heilmittel dürfte man sie brauchen, entweder bei Kranken und rasenden Freunden zur Wiederherstellung ihrer Gesundheit, oder Feinden gegenüber in der Absicht, einer (von diesen drohenden) Gefahr zu entgehen.2 Aber kein Kranker oder Rasender ist Gottes Freund, auch hat sich Gott vor niemandem zu fürchten, daß er in die Irre führen müßte, um einer Gefahr zu entgehen." Die Entgegnung hierauf könnte sich teils auf die Natur des göttlichen Wortes, das Gott ist3, teils auf die Seele Jesu beziehen. Über die Natur des S. 317 Wortes also können wir sagen: Wie die Beschaffenheit der Speisen sich entsprechend der Natur des Kindes in der Nährmutter zu Milch verwandelt, oder wie sie vom Arzte für den Kranken nach den Forderungen der Gesundheit bestimmt, oder für den kräftigen Mann dementsprechend kräftiger angeordnet wird, so verändert auch Gott die Kraft seines Wortes, das dazu bestimmt ist, die menschliche Seele zu nähren, für einen jeden Menschen nach seiner Würdigkeit. Daher wird, nach den Worten der Schrift, dem einen „geistige, unverfälschte Milch“4, dem andern als dem Schwächeren gleichsam „Gemüse“, einem andern Vollkommenen aber „feste Nahrung“ gegeben5.
Und das Wort verleugnet doch wohl seine Natur nicht, wenn es einem jeden Nahrung wird in dem Zustande, wie er es in sich aufnehmen kann; es „führt da nicht in die Irre“ und „lügt“ nicht. Will aber jemand die „Veränderung“ bei der Seele Jesu annehmen, nachdem sie in einen Körper eingegangen ist, so wollen wir ihn fragen, wie er „die Veränderung“ meint. Denkt er an eine Veränderung des Wesens, (so sagen wir, daß) es eine solche weder bei der Seele Jesu noch bei einer anderen vernünftigen Seele gibt. Will man aber sagen, dass infolge ihrer Vermischung mit dem Körper sowohl dieser, als auch der Ort, an den sie sich begeben hat6, auf sie einwirkt: begegnet da dem Wort etwas Unziemliches, das aus großer Menschenliebe den Heiland zu dem Menschengeschlecht herabführt? Denn keiner von denen, die in früheren Zeiten unsere Heilung angekündigt hatten, vermochte so viel, wie die Seele Jesu durch ihre Taten aufgezeigt hat, da sie sogar freiwillig für unser Geschlecht zu dem Menschenschicksal herabgestiegen ist. Das göttliche Wort weiß dies gar wohl und belehrt uns darüber ausführlich an vielen Stellen der Schrift. Für jetzt genügt S. 318 es, einen einzigen Ausspruch von Paulus anzuführen, der also lautet: „Diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christus Jesus war, der, obgleich er in Gottes Gestalt war, es nicht für einen Raub hielt, Gott gleich zu sein, sondern sich selbst entäußerte, indem er Knechtsgestalt annahm und an Gestalt als ein Mensch erfunden, sich selbst erniedrigte gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuze. Darum hat ihn Gott auch so sehr erhöht, und ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist“7.
