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Hätte Celsus die Heilige Schrift mit unvoreingenommenem Sinne gelesen, so würde er nicht behauptet haben, unsere Schriften „ seien nicht von der Art, dass sie sinnbildliche Deutung zuließen“. Denn aus den Weissagungen, in denen geschichtliche Tatsachen berichtet sind, kann man eher als aus der geschichtlichen Darstellung die Überzeugung gewinnen, dass diese geschichtlichen Abschnitte mit der Absicht, sinnbildliche Deutung zu veranlassen, niedergeschrieben wurden, und dass sie mit ungemeiner Weisheit sowohl der großen Mehrzahl der einfachen S. 365 Gläubigen angepaßt sind als auch den wenigen, die mit Verständnis die Dinge prüfen wollen oder auch können. Und wenn nun die heute nach der Meinung des Celsus als „vernünftig“ geltenden Vertreter der Juden und Christen„ die Schriften bildlich deuten würden, so könnte man wohl annehmen, dass Celsus etwas Glaubwürdiges sage. Da nun aber die Väter der Lehren und die Verfasser der Schriften selbst Derartiges sinnbildlich auffassen, was lässt sich da anderes annehmen, als dass diese Dinge so niedergeschrieben wurden, um zunächst und vornehmlich bildlich verstanden zu werden? Wir könnten sehr viele Stellen anführen, um zu zeigen, dass Celsus unsere Schriften ohne Grund verdächtigt, wenn er sagt, sie seien nicht von der Art, dass sie sinnbildliche Deutung zuließen“; wir wollen aber nur einige wenige Beispiele beibringen. Paulus, der Apostel Jesu, sagt also: „Es steht im Gesetze geschrieben: Du sollst dem dreschenden Ochsen das Maul nicht verbinden“.Kümmert sich Gott etwa um die Ochsen, oder sagt er1 durchaus unsertwegen? Ja, durchaus unsertwegen steht es geschrieben, dass auf Hoffnung hin der Ackernde ackern soll, und der dreschende2 auf Hoffnung hin, Anteil zu erhalten3 . Und an einer andern Stelle sagt derselbe Apostel: „Denn es steht geschrieben; Darum wird ein Mensch seinen Vater und seine Mutter verlassen und seinem Weibe anhangen; und die zwei werden sein ein Fleisch. Dieses Geheimnis ist groß, ich deute es aber auf Christus und die Gemeinde“4 . Und anderswo wiederum schreibt er: „Wir wissen, dass unsere Väter alle unter der Wolke waren und dass alle durch das Meer hindurchgingen und alle auf Moses sich taufen ließen in der Wolke und in dem Meere“5 . Und wenn er dann die Geschichte vom Manna erklärt und jene vom Wasser, das nach dem Berichte wunderbarerweise dem Felsen entquoll, so sagt er: „Und alle aßen dieselbe geistige Speise und alle tranken denselben geistigen Trank. Sie tranken S. 366 nämlich aus dem geistigen Felsen, der ihnen folgte; der Fels aber war Christus“6 . Und indem Asaph darlegt, dass die Geschichten in den Büchern Exodus und Numeri „Rätsel und Gleichnisse“7 sind, wie in dem Psalmbuch geschrieben steht, so beginnt er, als er sie erwähnen will, folgendermaßen: „Achte, ein Volk, auf mein Gesetz; neiget euer Ohr zu den Worten meines Mundes! Ich will zu Gleichnissen meinen Mund auftun und Rätsel von Anfang her verkünden, alles, was wir gehört und erfahren, und was unsere Väter uns erzählt haben“8 .
