63.
Da aber Celsus, wie man aus den Äußerungen seines Buches schließen kann, eine Vorsehung annimmt, so weiß ich nicht, wie er zu der Behauptung kommt, S. 382 "dass sich das Böse weder vermehre noch vermindere", sondern gleichsam festbegrenzt sei. Denn dadurch hebt er den schönen Lehrsatz auf, dass die Schlechtigkeit keine bestimmten Grenzen hat, und dass das Böse auch seiner eigenen Natur nach unendlich ist. Indessen scheint aus der Ansicht, dass "das Böse" sich in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft "weder vermindert noch vermehre", zu folgen, dass, wie nach der Meinung der Verteidiger einer unvergänglichen Welt die Vorsehung das Gleichgewicht der Elemente bewirkt und das Überwiegen eines derselben verhindert, um den Untergang der Welt zu verhüten, - dass ebenso gleichsam eine Art Vorsehung über dem Bösen, das in so großer Menge vorhanden ist, wache, damit "es sich weder vermehre noch vermindere". Die Ansicht des Celsus über das Böse ist aber auch durch andere Beweisgründe zu widerlegen. Denn jene Philosophen, von denen Untersuchungen über das Gute und Böse vorliegen, haben auch aus der Geschichte dargetan, dass die öffentlichen Dirnen zuerst außerhalb der Städte und vermummt sich der Lust des ersten Besten gegen Geld preisgaben. später aber schamloser wurden und die Vermummung ablegten, aber doch außerhalb der Städte blieben, weil die Gesetze ihnen das Betreten derselben untersagten, bis sie endlich, als die Sittenverderbnis größer geworden war, täglich auch in die Städte einzutreten wagten. So berichtet Chrysippos in seiner "Einleitung über das Gute und Böse". Eben daher kann man auch zur Stütze der Meinung von "der Vermehrung und der Verminderung des Bösen entnehmen, dass die sogenannten "Doppelseitigen" einstmals ihr unzüchtiges Gewerbe offen betrieben haben, in Duldung und Ausübung den Lüsten der Besucher dienend, später aber von der Polizei ausgewiesen worden sind. Und von unzähligen Lastern, die infolge der Verbreitung der Unsittlichkeit im Leben der Menschen Eingang gefunden haben, kann man behaupten, dass sie früher nicht vorhanden waren. Die ältesten S. 383 Geschichten wenigstens, die doch tausenderlei Frevel von sündigen Menschen berichten, wissen nichts von der Ausübung unsagbarer Unzucht.
