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Unser edler Gegner bemerkt nicht, wie viele Philosophen das Dasein einer Vorsehung annehmen und durch sie alle Dinge um der vernünftigen Wesen willen erschaffen lassen, und wie er, soweit es auf ihn ankommt, Lehren, die dem Einklang des Christentums mit der Philosophie hierin nützlich sind, zugleich mit untergräbt; auch sieht er nicht, wie sehr die Frömmigkeit geschädigt und gefährdet wird durch die Meinung, dass „der Mensch“ in den Augen Gottes „vor den Ameisen oder Bienen gar nichts voraus habe“. Er sagt: „ Wenn es den Anschein hat, dass die Menschen deshalb über den unvernünftigen Tieren stehen, weil sie Städte erbaut S. 404 haben und eine staatliche Verfassung mit Obrigkeiten und Herrschaften besitzen, so besagt das gar nichts; denn auch die Ameisen und die Bienen haben dies. Die Bienen haben nämlich ein Oberhaupt mit Gefolge und Dienerschaft; es gibt bei ihnen Kriege und Siege und Vernichtung der Besiegten; sie haben Städte und Vorstädte und Ablösung bei den Arbeiten und Gerichte für die Trägen und Schlechten; die Drohnen wenigstens werden von ihnen ausgestoßen und bestraft.“ Auch hier hat er nicht gesehen, worin sich das, was Vernunft und Berechnung vollbringt, von dem unterscheidet, was von einem vernunftlosen Wesen und von einer bloßen natürlichen Beschaffenheit aus geschieht. Denn die Ursache dieser Dinge ist nicht eine Vernunft, welche denen innewohnte, die sie vollbringen - diese haben eben keine Vernunft -; sondern das älteste Wesen, der Sohn Gottes, der König aller Dinge, hat die vernunftlose Natur geschaffen, dass sie, als vernunftlos, jenen Wesen beistehe, die der Vernunft nicht gewürdigt worden sind. „Städte“ mit vielen „Gewerben und Künsten“ und gesetzlicher Ordnung entstanden nur bei den Menschen; „Verfassungen, Obrigkeiten und Herrschaften“, die sich bei den Menschen finden, sind entweder die im eigentlichen Sinne so genannten gewissen guten Zustände und Betätigungen, oder mißbräuchlich und uneigentlich so bezeichnete Dinge, die jenen möglichst nachgemacht sind.
Denn erstere hatten die trefflichsten Gesetzgeber im Auge , als sie die besten „Verfassungen und die Obrigkeiten und die Herrschaften“ einsetzten. Von derartigen Dingen ist bei den unvernünftigen Tieren nichts zu finden, wenn auch Celsus Namen, die etwas Vernünftiges bedeuten und nur auf die vernünftigen Wesen (und S. 405 ihr Handeln) angewendet werden, wie „Stadt, Verfassungen, Obrigkeiten und Herrschaften“, auf „Ameisen und Bienen“ überträgt. Wegen solcher Dinge kann man indessen die Ameisen und Bienen nicht loben, denn sie verfahren dabei nicht mit Berechnung. Die Gottheit aber muß man bewundern, weil sie selbst den vernunftlosen Tieren die Fähigkeit gegeben hat, die vernünftigen Wesen in gewisser Hinsicht nachzuahmen, vielleicht in der Absicht, die vernünftigen Wesen zu beschämen, damit diese im Hinblick auf die Ameisen arbeitsamer und haushälterischer im Gebrauche ihrer Güter werden, und damit sie, wenn sie auf die Bienen achten, der Obrigkeit Gehorsam leisten und ihren Anteil an den notwendigen Staatsgeschäften zum Heile der Städte übernehmen.
