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Da Celsus sich vorgenommen hatte, die Berichte der Schrift zu schmähen, machte er auch jene Stelle zum Gegenstand seines Spottes, in der es heißt: „Gott ließ einen tiefen Schlaf über Adam kommen und dieser schlief ein. Und Gott nahm eine seiner Rippen heraus und füllte mit Fleisch ihre Stelle. Und er machte aus der Rippe, die er von Adam genommen, ein Weib“ usw.1 , aber er führt die Worte nicht an, die man nur zu hören braucht, um zu erkennen, dass sie bildlich zu verstehen sind. Celsus wollte die Ansicht, dass solche Worte bildlich gemeint sind, sich nicht zu eigen machen, obgleich er weiter unten sagt: „ Die Vernünftigeren unter den Juden und Christen schämen sich dessen und versuchen wohl, es bildlich zu deuten.“ Man kann da an ihn die Frage richten; Ist die fabelhafte Erzählung deines „gottbegeisterten Hesiod“ von dem Weibe, dass dieses nämlich von Zeus den Menschen als „Unheil für das Feuer gegeben worden sei“, bildlich aufzufassen, wenn aber die Schrift erzählt, „das Weib sei aus der S. 347 Seite des Mannes, als dieser in einem tiefen Schlafe dalag, genommen und von Gott gebildet worden“, so soll dies nach deiner Meinung durchaus keinen tieferen und verborgenen Sinn haben?
Aber es ist unbillig, jene Darstellung nicht als eine lächerliche Fabel zu verlachen, sondern sogar als philosophische Weisheit im Gewande der Fabel zu bewundern, diese letztere aber, indem man sein Urteil lediglich auf den Wortlaut stützt, zu verspotten und keiner Berücksichtigung für wert zu halten. Darf man nämlich des bloßen Wortlauts wegen eine Ausführung mißbilligen, der nach Absicht des Verfassers ein tieferer Sinn innewohnt, dann, Celsus, magst du zusehen, ob dein Hesiod, der, wie du sagst, ein „gottbegeisterter Mann“ war, nicht noch mehr wegen der folgenden Verse, die er geschrieben hat, ausgelacht zu werden verdient:
**53 "Ihm antwortete zürnend der Herrscher im Donnergewölk, Zeus: Du, des Japetos Sohn, vortrefflichster Kenner des Rates,
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**54 Du frohlockst, dass du Feuer entwandt und den Sinn mir getäuschet; Traun, dir selber zum Weh und den kommenden Männergeschlechtern! Jenen geb ich für Feuer ein Unheil, dessen sich alle Sollen erfreuen im Herzen, ihr eigenes Unheil umfangend. Also sprach und vollbracht`es der Vater der Menschen und Götter.
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**60 Und er gebot, dass eilig der kunstberühmte Hephaistos Erde mit Wasser vermeng' und menschliche Stimm' ihr erteile S. 348 Stärke zugleich, an Gestalt unsterblichen Göttern vergleichbar, Mit holdseliger Schöne der Jungfrau; dann dass Athene Werke der Frauen ihr lehr' und Kunstarbeiten am Webstuhl;
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**65 Dass Anmut um das Haupt ihr gieß' Aphrodite, die goldene, Unruhvolle Begier und gliederverzehrende Sorgen; ihr dann dreiste Gesinnung zu leih'n und betörende Schalkheit, [gab er dem Hermes Befehl, dem geleitenden Argoswürger.] Also Zeus: sie aber gehorchten dem Herrscher Kronion.
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**70 [Alsbald schuf ein Gebild aus Erde der treffliche Meister. Einer sittsamen Jungfrau gleich, nach dem Rate Kronions. Diese nun gürtet und schmückte lichtäugig die Göttin Athene.] Um sie legten Charitinnen auch und die herrliche Peitho Goldenes Busengeschmeid'; und den Scheitel umwanden die Horen,
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**75 Die schönlockigen, dann mit dem Kranz von Blumen des Frühlings; Allen Schmuck um den Leib anordnete Pallas Athene. Ihr auch legt' in die Brust der geleitende Argoswürger sanft einnehmende Wort' und Lug und betörende Schönheit, so wie Zeus ihm geboten, der Donnerer; redende Stimm' auch.
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**80gab ihr der Herold der Götter und nannte die Frau dann Pandora, „Allbegabte“, da alle Bewohner des hohen Olympos eigene Gaben gestiftet, zum Leid den erfindsamen Männern". S. 349 Lächerlich ist von vornherein auch das, was von dem Fasse gesagt wird:
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**90 "Siehe, zuvor ja lebten auf Erden die Menschengeschlechter fern und frei von Leiden und frei von drückender Mühsal,
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**92 Auch von der Krankheit Last, die den Tod für die Männer heranführt.
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94 Aber das Weib nahm ab den mächtigen Deckel des Fasses, rüttelte dann, und den Menschen ersann sie Jammer und Trübsal. Dort die Hoffnung allein, in dem unzerbrechlichen Hause, blieb inwendig im Fasse zurück, tief unter der Mündung, und nicht flog sie heraus, denn zuvor schloß jene den Deckel."
Nun wollen wir an den, der diese Geschichte in würdiger Weise “sinnbildlich auslegt", sei es, dass er hierbei das Richtige trifft oder nicht, die Frage richten: Ist es nur den Griechen gestattet, ihre philosophische Weisheit in sinnbildliche Ausdrücke zu kleiden, oder vielleicht auch noch den Ägyptiern und allen den nichtgriechischen Völkern die sich mit ihren Geheimdiensten und der in ihnen verborgenen Wahrheit brüsten, und nur die Juden, selbst ihren Gesetzgeber und ihre Schriftsteller nicht ausgenommen, scheinen dir die unverständigsten von allen Menschen zu sein? Und dieses Volk, das auf eine so erhabene Weise angeleitet worden ist, sich zu dem ungeschaffenen Wesen Gottes zu erheben, ihn allein vor Augen zu haben und seine ganze Hoffnung nur auf ihn zu setzen, soll das einzige sein, das keinen Teil göttlicher Kraft empfangen hat?
vgl. Gen 2,21f ↩
