1. Kapitel1
S. 6 Cyprianus entbietet dem Bruder Rogatianus seinen Gruß.
Überaus schmerzlich hat es mich und meine Amtsgenossen, die persönlich zugegen waren, berührt, teuerster Bruder, als wir deinen Brief lasen, in dem du über deinen Diakon Klage führtest, weil er dich durch seine ungerechten Schmähungen erbittert habe, ohne deine priesterliche (═bischöfliche) Stellung zu berücksichtigen und an sein Amt und seinen Dienst zu denken. Du hast nun voll Ehrerbietung gegen uns und ganz entsprechend deiner gewohnten Demut gehandelt, daß du dich über ihn lieber bei uns beschweren wolltest, obwohl du kraft der Strafgewalt des Bischofs und der Würde deines Amtes die Befugnis und Möglichkeit hattest, gegen ihn sofort einzuschreiten. Du konntest eben sicher sein, daß wir, deine Amtsgenossen, insgesamt mit allem einverstanden wären, was du mit deinem schmähsüchtigen Diakon kraft deiner priesterlichen (═bischöflichen) Gewalt getan hättest; denn du hast derartigen Menschen gegenüber die göttlichen Gebote zur Seite, da Gott, der Herr, im Buche Deuteronomium sagt: "Und jeder Mensch, der im Stolze handelt, daß er auf den Priester nicht hört oder auf den Richter, wer immer es in jenen Tagen sein wird, jener Mensch soll sterben und alles Volk wird sich fürchten, wenn es davon hört, und sie werden nicht auch ferner noch gottlos handeln2.“ Und damit wir wissen, daß dieses Wort Gottes von seiner wahren und hohen Majestät ausgegangen ist zur Ehre und zum Schutze seiner Priester, sind damals, als gegen den Hohenpriester Aaron drei seiner Diener, Kore, Dathan und Abiron, in vermessenem Stolze ihr Haupt zu erheben und sich ihrem vorgesetzten Hohenpriester gleichzustellen wagten, alle drei im gähnenden Abgrund der Erde spurlos verschwunden und mußten so ihre gottlose Dreistigkeit alsbald büßen. Und nicht nur sie, sondern auch die anderen Zweihundertundfünfzig, die an ihrer Vermessenheit teilgenommen hatten, wurden von dem Feuer verzehrt, S. 7 das aus dem Herrn hervorbrach, zum Zeichen, daß die Priester Gottes von dem gerächt werden, der die Priester einsetzt3. Auch im Buche der Könige, als der Hohepriester Samuel vom Volke der Juden wegen seines hohen Alters, so wie du kürzlich, mißachtet wurde, da rief der Herr voll Grimm und sprach: "Nicht dich haben sie verachtet, sondern mich haben sie verachtet4.“ Und zur Strafe dafür berief er ihnen den Saul als König, damit er sie mit schweren Unbilden schlage und das stolze Volk durch alle möglichen Mißhandlungen und Züchtigungen zertrete und bedrücke und damit so die Mißachtung des Hohenpriesters an dem stolzen Volke durch göttliche Rache geahndet werde.
Inhalt des Briefes: Die Beschwerde eines Bischofs Rogatianus (Ob es der gleiche Rogatianus ist, der als Bischof von Nova am Septemberkonzil 256 teilnahm, ist unsicher.) über einen Diakon, der ihn schwer beleidigt hat, legte Cyprian der gerade in Karthago versammelten Synode vor, die mit ihm das achtungswidrige Verhalten des Angeschuldigten einstimmig verurteilt. Trotzdem erhält Rogatianus den Rat, noch einmal eine gütliche Beilegung zu versuchen, bevor er ihn absetze und über ihn und seine Anhänger den Ausschluß aus der Kirche verhänge. Geschrieben vermutlich im Jahre 249. ↩
Deut. 17, 12 f. ↩
Num. 16, 35. ↩
1 Kön. 8, 7. ↩
