1. Kapitel1
Dem Vater2 Cyprianus entbieten die Presbyter und Diakone zu Rom ihren Gruß.
Als wir, lieber Bruder, deinen Brief 3, den du uns durch den Subdiakon Fortunatus übersandtest, durchgelesen hatten, wurden wir von einem doppelten Schmerz erfüllt und von einem zweifachen Kummer betroffen: einmal darüber, daß man dir selbst in den großen Drangsalen der Verfolgung keine Ruhe gönnt, und dann, weil daraus hervorging, daß sich die zügellose Vermessenheit der gefallenen Brüder bis zu gefährlichen und leichtfertigen Worten hat hinreißen lassen. Obwohl aber die erwähnten Tatsachen uns und unsere Herzen tief betrübten, so wird dennoch die so schwere Last unseres Kummers durch deine Tatkraft und die gemäß der S. 115 evangelischen Zucht von dir angewandte Strenge erleichtert, indem du nicht nur die Frechheit einiger Leute in die gehörigen Schranken weisest, sondern auch mit der Ermahnung zur Buße den vom Gesetze vorgeschriebenen Weg des Heiles zeigst. Wir haben uns ja höchlich darüber verwundert, daß sie sich so weit fortreißen ließen, mit solchem Ungestüm und in einer so ungeeigneten und bitteren Zeit trotz ihres großen und ungeheuerlichen Vergehens und Verbrechens für sich den Frieden nicht etwa zu erbitten, sondern einfach zu beanspruchen, ja sogar zu behaupten, sie hätten ihn auch im Himmel bereits. Wenn sie ihn wirklich schon haben, warum verlangen sie dann etwas, was sie schon besitzen? Wenn aber gerade durch die Tatsache ihres Verlangens erwiesen ist, daß sie ihn noch nicht besitzen, warum fügen sie sich dann nicht dem Urteil derer, von denen sie den Frieden, den sie doch offenbar noch nicht haben, verlangen zu müssen glauben? Wenn sie sich aber einbilden, von anderer Seite her einen Anspruch auf die Gemeinschaft zu haben, so mögen sie versuchen, diesen mit dem Evangelium zusammenzuhalten, und er darf erst dann feste Geltung haben, wenn er mit dem evangelischen Gesetze nicht in Widerspruch steht. Wie kann aber eine Entscheidung evangelische Gemeinschaft gewähren, die doch offensichtlich gegen die evangelische Wahrheit verstößt? Denn da jeder Anspruch dann erst ein Anrecht auf Erfüllung verleiht, wenn er nicht von dem abweicht, womit er eine Vereinigung sucht, so muß einer unbedingt der Berücksichtigung und des Anrechts auf eine Vereinigung verlustig gehen, wenn er mit dem nicht übereinstimmt, womit er die Vereinigung anstrebt.
Inhalt des Briefes 36: In Beantwortung des Briefes 35 spricht der römische Klerus sein Bedauern aus über die aller evangelischen Zucht widersprechende Überhebung und Ungeduld, mit der viele Gefallene unter Berufung auf die Märtyrer auf Wiederaufnahme in die kirchliche Gemeinschaft dringen. Für die Warnung vor den Umtrieben des abtrünnigen Privatus (der betreffende Brief Cyprians ist uns nicht mehr erhalten) wird dem karthagischen Bischof der Dank ausgesprochen.Auch dieser Brief ist sicher (wie der 30.) von Novatianus verfaßt.Geschrieben im Jahre 250. ↩
Auch hier legt der römische Klerus dem Bischof Cyprian, wie schon im Brief 8 und 30, den ehrenden Beinamen „papa“ zu. ↩
Brief 35. ↩
