1. Kapitel1
Cyprianus, Cäcilius, Victor, Sedatus, Tertullus samt den mitanwesenden Priestern entbieten dem Bruder Pomponius ihren Gruß.
Wir haben, liebster Bruder, dein Schreiben gelesen, das du durch unseren Bruder Paconius übersandt hast mit dem dringenden Wunsche, wir möchten dir in unserer Rückantwort unsere Ansicht bezüglich jener Jungfrauen mitteilen, die sich zwar einmal entschlossen hatten, an ihrem (jungfräulichen) Stande beharrlich und unwandelbar festzuhalten, später aber dabei betroffen wurden, wie sie mit Männern, unter anderem, (wie du sagst,) mit einem Diakon, das Bett teilten. Trotz ihres Geständnisses, daß sie mit Männern zusammenschliefen, beteuern sie allerdings nach deiner Mitteilung, sie seien noch unberührt. — Weil du nun in dieser Angelegenheit unseren Rat wünschest, so wisse, daß wir von den Überlieferungen des Evangeliums und der Apostel nicht abweichen, sondern beständig und kraftvoll für unsere Brüder und Schwestern Sorge tragen und auf allen Wegen des Nutzens und des Heiles die kirchliche Zucht bewahren, da der Herr spricht und sagt: „Und S. 11 ich will euch Hirten geben nach meinem Herzen, und sie werden euch weiden mit Zucht2.“ Und wiederum steht geschrieben: „Wer die Zucht von sich wirft, ist unselig3.“ Und auch in den Psalmen lehrt der Heilige Geist und sagt: „Bewahret die Zucht, damit nicht etwa zürne der Herr und ihr abseits vom rechten Wege umkommet, wenn sein Zorn bald über euch entbrennt4!“
Inhalt des Briefes: Pomponius, vermutlich Bischof von Dionysiana, hat Cyprian Mitteilung davon gemacht, daß in seiner Gemeinde gottgeweihte Jungfrauen mit Männern, u. a. mit einem Diakon, zusammenlebten. Diese Unsitte, die zu den schwersten Unzuträglichkeiten führte, war auch anderwärts schon früher eingerissen; man nannte solche weibliche Personen συνείσακτοι [syneisaktoi] oder subintroductae (vgl. H. Achelis, Virgines subintroductae, Leipzig 1902). Voll Entrüstung über dieses sündhafte Treiben trifft Cyprian im Einverständnis mit der gerade tagenden Synode folgende Entscheidung:Soweit die Beschuldigten bei einer Untersuchung S. 10 noch als Jungfrauen befunden werden, soll den Reumütigen wieder Aufnahme gewährt werden. Diejenigen, die an Christus Ehebruch begangen haben, müssen erst zu voller Buße angehalten werden. Wer dagegen hartnäckig in seinen Sünden verharrt, soll für immer aus der Gemeinschaft ausgeschlossen bleiben. Allen gottgeweihten Jungfrauen ist es in Zukunft zu verbieten, mit Männern auch nur unter demselben Dach zu wohnen. Pomponius, der gegen den Diakon und andere Übeltäter sofort mit größter Strenge vorgegangen ist, wird für seinen gewissenhaften Eifer belobt. Der Brief zeigt zahlreiche Anklänge an Cyprians Traktat: „Über die Haltung der Jungfrauen.“ Geschrieben wohl im Jahre 249. ↩
Jer. 3, 15. ↩
Weish. 3, 11. ↩
Ps. 2, 12 [hebr. Ps. 2, 12]. ↩
