1. Kapitel1
Cyprianus entbietet dem Volke zu Thibaris2 seinen Gruß.
Ich hatte zwar im Sinne gehabt, geliebteste Brüder, und den Wunsch gehegt, wenn die Verhältnisse und S. 205 Zeitumstände es gestatteten, eurem wiederholten Verlangen entsprechend selbst zu euch zu kommen und mit unseren bescheidenen Kräften eure Brüdergemeinde persönlich durch unsere Ermahnung zu bestärken. Weil wir aber durch dringende Geschäfte so in Anspruch genommen sind, daß es uns unmöglich ist, eine weitere Reise von hier zu unternehmen und auf längere Zeit dem Volke fernzubleiben, dessen Leitung uns durch Gottes Gnade anvertraut ist, so sende ich an meiner Statt einstweilen diesen Brief als meinen Stellvertreter an euch. Denn da der Herr in seiner Gnade des öfteren durch seine Belehrung uns anspornt und warnt, so müssen wir diese aufregende Mahnung auch euch zur Kenntnis bringen. Ihr sollt nämlich wissen und als gewiß glauben und festhalten, daß der Tag der Bedrängnis über unser Haupt hereinbricht und daß der Untergang der Welt und die Zeit des Antichrists nahegekommen ist. Laßt uns also allesamt zum Kampfe bereit dastehen, laßt uns nur an die Herrlichkeit des ewigen Lebens denken und an die Krone des Bekenntnisses zu unserem Herrn und ja nicht glauben, das Kommende werde dem gleichen, was vergangen ist! Schwerer und wilder ist der Kampf, der jetzt bevorsteht; in unerschütterlicher Treue und starkem Mute müssen sich die Streiter Christi dazu rüsten und bedenken, daß sie deswegen täglich den Kelch mit dem Blute Christi trinken, damit auch sie wegen Christus ihr Blut zu vergießen vermögen. Das heißt nämlich: „mit Christus befunden werden“ wollen3, wenn man das nachahmt, was Christus gelehrt und getan hat nach dem Worte des Apostels Johannes: „Wer sagt, er bleibe in Christus, der muß auch selbst so wandeln, wie jener gewandelt ist4.“ Ebenso mahnt und lehrt der Apostel Paulus, indem er sagt: „Wir sind Kinder Gottes. Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben Gottes, Miterben Christi aber, wenn anders wir mitleiden, auf daß wir auch mitverherrlicht werden5.“
Inhalt des Briefes 58: Die Gemeinde von Thibaris hatte Cyprian wiederholt um seinen Besuch gebeten, aber die Umstände erlaubten es ihm nicht, der Einladung zu folgen. Deshalb wendet er sich in diesem Schreiben an die Gläubigen der dortigen Gemeinde, um sie aufs eindringlichste zur Treue und Standhaftigkeit in der zu erwartenden neuen Verfolgung zu ermahnen. Unter Hinweis auf die Vorbilder des Alten Testaments und auf Christi Beispiel feiert er die Herrlichkeit des Martyriums.Durch den warmen, herzlichen Ton und die feierlich gehobene Sprache erinnert der Stil stark an andere für Bekenner und Märtyrer bestimmte Briefe Cyprians, z. B. Brief 6, 10, 28, 37. Geschrieben im Jahre 252. ↩
Thibaris war eine Stadt im prokonsularischen Afrika. ↩
Vgl. Phil. 3, 9. ↩
1 Joh. 2, 6. ↩
Röm. 8, 16 f. ↩
