1. Kapitel1
Cyprianus entbietet dem Bruder Cornelius seinen Gruß.
Ich habe, teuerster Bruder, dein Schreiben2 gelesen, das du durch unseren Bruder, den Akoluthen Saturus, gesandt hast: ein Schreiben übervoll der brüderlichen Liebe, der kirchlichen Zucht und des priesterlichen Ernstes. Du hast mir darin angezeigt, daß du dort (in Rom) den Felicissimus3, einen keineswegs neuen, sondern schon längst wegen seiner vielen und schweren Verbrechen ausgeschlossenen und nicht nur durch mein Urteil, sondern auch durch das einer großen Zahl von Mitbischöfen verdammten Feind Christi abgewiesen und ihn, als er, umgeben von einer Schar nichtswürdiger Anhänger, erschien, mit der vollen Tatkraft, mit der Bischöfe vorgehen müssen, aus der Kirche ausgestoßen hast, aus der er schon längst samt seinesgleichen durch Gottes Majestät und Christi, unseres Herrn und Richters, Strenge ausgeschlossen ist. Du mußtest ja fürchten, es möchte sonst der Urheber der Spaltung und Trennung, der ihm anvertrautes Geld unterschlagen, der Jungfrauen geschändet, der viele Ehen gebrochen und zerstört hat, noch weiterhin die unbefleckte, heilige und züchtige Braut Christi durch die Schmach seiner Gegenwart und durch seine schamlose und unzüchtige Berührung verletzen.
Inhalt des Briefes 59: Nach dem Maikonzil 252 hatte sich Fortunatus, einer der fünf alten Widersacher Cyprians, von seinen Genossen zum Bischof von Karthago ernennen lassen und alsbald den Felicissimus und einige andere Anhänger nach Rom gesandt.Cornelius hatte sich zwar anfangs völlig ablehnend verhalten, wurde dann aber stutzig, als die Sendboten des Fortunatus verbreiteten, seine Wahl sei von 25 Bischöfen vollzogen worden, und gegen Cyprian ungeheuerliche Vorwürfe erhoben. Im Gegensatz zu dem ersten Brief des Cornelius ließ daher sein zweites Schreiben eine gewisse Unsicherheit erkennen, zumal S. 216 Cyprian es unterlassen hatte, ihn über die Vorgänge in Karthago auf dem laufenden zu halten.Die Antwort auf die Verdächtigungen seiner Feinde erteilt Cyprian in dem vorliegenden ausführlichen Schreiben, das zeitlich mit dem Beginn der neuen Verfolgung unter Gallus zusammenfällt, die selbst wieder mit der damals wütenden Pest in innerem Zusammenhang steht.Nachdem Cyprian die anfänglich loyale Haltung des Cornelius anerkannt und den Felicissimus des näheren charakterisiert hat, gibt er seiner Verwunderung darüber Ausdruck, daß die Verdächtigungen gegen seine Person dennoch in Rom Beachtung gefunden hätten (Kap. 1—2).Gegen solch teuflische Anfeindungen, die zum Abfall führen, unerschütterliche Festigkeit zu zeigen, hält der Verfasser für die Pflicht der priesterlichen Würde (Kap. 3―8). Sein Schweigen über die Wühlereien seiner Gegner begründet er damit, daß er ja schon vor längerer Zeit eine Liste mit den Namen der rechtmäßigen Bischöfe übersandt habe (Kap. 9); er schildert sodann die fünf Hauptanhänger des Afterbischofs Fortunatus. Ihre Behauptung, daß dieser 25 Bischöfen seine Wahl verdanke, brandmarkt er als freche Lüge (Kap. 9―11). Unter den zahlreichen Verbrechen seiner Widersacher hebt er nur eines nachdrücklich hervor: ihre ständige Gemeinschaft mit Gefallenen trotz wiederholter Verwarnung. Die schwere Schuld, die sie damit auf sich laden, wird eingehend nachgewiesen. Ihre Fahrt nach Rom bezeichnet er als zwecklos, da als Richter für sie einzig der Bischof von Karthago zuständig und das Urteil über sie schon längst gesprochen sei (Kap. 12―14).Voll Enttäuschung kämen ständig bisherige Anhänger der kleinen Gegenpartei mit der Bitte um Wiederaufnahme, die er oft nur schwer gegen den Widerstand der Gläubigen durchsetzen könne. Voraussetzung sei natürlich wahre Reue und Buße; Drohungen müßten hingegen wirkungslos bleiben (Kap. 15―18).Zum Schluß bittet Cyprian, seinen Brief auch dem Klerus und Volk mitzuteilen und alle Gläubigen vor S. 217 jedem Verkehr mit den Anhängern des Fortunatus zu warnen (Kap. 19—20).Geschrieben im Sommer 252. ↩
Das Schreiben ist nicht mehr erhalten. ↩
Von Felicissimus und Fortunatus war auch schon in den Briefen 41, 42 und 43 die Rede. ↩
