1. Kapitel1
Cyprianus mit dem Beinamen Thascius entbietet dem Bruder Florentius2 mit dem Beinamen Puppianus seinen Gruß.
Ich hatte geglaubt, mein Bruder, du würdest es endlich einmal bereuen, daß du früher so abscheulichen und schändlichen, selbst in den Augen der Heiden verwerflichen Gerüchten über uns so ohne weiteres Gehör oder Glauben geschenkt hast. Aus deinem Schreiben S. 282 jedoch muß ich auch jetzt wieder ersehen, daß du immer noch der nämliche bist, der du vorher warst, daß du das alles noch von uns glaubst und in diesem Glauben verharrst und daß du, um ja nicht etwa die Würde deines ruhmvollen Martyriums durch die Gemeinschaft mit uns zu beflecken, eifrig unseren Sitten nachforschest und dich dem richtenden Gott zum Trotz, der doch die Priester einsetzt, ich will nicht sagen, über mich — denn wer bin ich denn? —, sondern über Gottes und Christi Urteil zum Richter aufwerfen willst. Das ist Unglaube gegen Gott, das ist Empörung wider Christus und sein Evangelium, wenn du dir einbildest, Bischöfe Gottes könnten ohne sein Mitwissen in der Kirche eingesetzt werden, obwohl doch Christus sagt: „Kauft man nicht zwei Sperlinge um einen Pfennig? Und dennoch fällt keiner von ihnen auf die Erde ohne den Willen des Vaters3“, und obwohl auch seine Majestät und Wahrhaftigkeit bezeugt, daß ohne Wissen und Erlaubnis Gottes nicht einmal etwas Unbedeutenderes geschieht. Denn anzunehmen, eingesetzte Bischöfe seien unwürdig und unrein, ist doch nichts anderes als zu behaupten, daß weder von Gott noch durch Gott seine Bischöfe in der Kirche aufgestellt werden.
Inhalt des Briefes 66: S. 281 Florentius Puppianus, vermutlich ein Laie, der sich in der Verfolgung unter Decius als Bekenner bewährt hatte, dann aber von Cyprians Feinden sich gegen diesen aufreizen ließ und die Rechtmäßigkeit seiner Wahl bestritt, hatte an den Bischof einen beleidigenden, stellenweise sogar höhnischen Brief gerichtet und u. a. ihm vorgeworfen, daß er durch seinen Stolz zur Spaltung der Kirche beitrage.Auf dieses Schreiben erteilt Cyprian eine ebenso ernste wie entschiedene Antwort; auch Ironie und Sarkasmus verschmäht er nicht, um die Anmaßung seines Gegners zurückzuweisen. Trotzdem bietet er ihm zum Schluß Verzeihung an, wenn er reumütig in die kirchliche Gemeinschaft zurückkehren will.Aus einer Stelle im 5. Kapitel geht hervor, daß Cyprian bei der Abfassung dieses Briefes bereits auf eine sechsjährige bischöfliche Amtszeit zurückblicken kann. Der Brief stammt also aus dem Jahre 254. ↩
Offenbar hatte Florentius auf der Adresse seines Briefes dem Namen Cyprians noch den Beinamen ‚Thascius‘ beigefügt (vgl. Band I, S. VIII); genau so setzt nun Cyprian dem Namen des Florentius dessen Spitznamen ‚Puppianus‘ bei. Möglich auch, daß beide Zusätze die ehemaligen heidnischen Namen der beiden darstellen. ↩
Matth. 10, 29. ↩
