21.
Damit habe ich nun, so gut es mir möglich war, gezeigt, dass wir keinen Gott verehren, der von Ewigkeit her in der Dunkelheit verweilte, sondern jenen Gott, der das Licht ist, und in dem keine Finsternis ist (cf. I Joh. 1,5), und der das unzugängliche Licht bewohnt, das in ihm selber ist (cf. I Tim. 6.16), jenes ewige Licht, dessen Widerschein die gleich ewige Weisheit ist (cf. Sap. 7,26); keinen Gott, der ein unerwartet aufleuchtendes Licht bestaunte, sondern den Gott, welcher jenes Licht, das einem Schöpfungsakt entsprang (cf. Gen. 1,3) selber erschuf und ihm damit zum Sein verhalf, und es für gut befand und ihm damit zum Fortbestand verhalf; keinen Gott, dem die Zukunft verborgen ist, sondern einen, der das Gebot erlässt und das Vergehen ahndet, um mit der dem Ungehorsam folgenden, gerecht verhängten Strafe die gegenwärtigen Sünder in die Schranken zu weisen, die zukünftigen abzuschrecken; keinen ahnungslosen Gott, der aus Nichtwissen Fragen stellt, sondern einen, der mit seinen Fragen Gericht hält; keinen missgünstigen und ängstlich besorgten Gott, sondern einen Gott, welcher den Pflichtvergessenen vom ewigen Leben, welches dem Gehorsamen zurecht zuteil wird, zurecht ausschliesst; keinen Gott, der nach Blut und Opferschmalz giert, sondern einen, der dem fleischlich gesinnten Volk Opfer auferlegt, die diesem angemessen sind, und so mittels bestimmter, als Modellbilder dienender Handlungen das wahre Opfer in Aussicht stellt; keinen Gott, der aufgewühlt ist vor Eifersucht, sondern einen, der in unaufgeregter Güte eifersüchtig darüber wacht, dass die Seele, die ihre Reinheit dem einen Gott schuldig ist, sich nicht besudelt, indem sie sich durch eine Vielzahl von falschen Göttern verderben und zur Dirne machen lässt; keinen Gott, der nach Art des menschlichen Zornes grausam wütet, sondern einen, der in einer andern, göttlichen Art des Zornes streng aber gerecht bestraft, wofür in bestimmter, sondersprachlicher Redeweise auch das Wort Zorn verwendet wird, doch nicht um damit die Willkür der Rache, sondern die Entschiedenheit des Gerichts zu bezeichnen; keinen Gott, der Tausende von Menschen, die nur geringfügige Vergehen begangen haben, oder gar völlig schuldlos sind, vernichtet, sondern einen, der durch den zeitlichen Tod, den er nach gewissenhaftester Prüfung über sterbliche Menschen verhängt, dem Volk die nützliche Tugend der Gottesfurcht beibringt; keinen Gott, der wahllos in blinder Hast Gerechte und Sünder bestraft, sondern einen, der den Gerechten die heilsame Zurechtweisung zukommen lässt, um sie zur Vollendung zu bringen, den Sündern aber die gebührende Strenge, um der Gerechtigkeit Genüge zu tun. Daraus ergibt sich in aller Klarheit, ihr Manichäer, dass ihr euch durch eure eigenen Mutmassungen in die Irre führen liesset, indem ihr, sei es durch mangelhafte Interpretation unserer Schriften, sei es durch den Einfluss übler Interpreten, ein falsches Bild von uns Katholiken gewonnen habt; und da ihr euch so von der gesunden Lehre abgewandt und gotteslästerlichen Mythen zugewandt habt, und dadurch schon allzu sehr verdorben und der Gemeinschaft der Heiligen entfremdet seid, lässt ihr euch auch vom Neuen Testament nicht mehr zurechtweisen, aus dem wir die selben Zeugnisse beibringen, die ihr im Alten Testament beanstandet. So sind wir genötigt, gegen euch genau so wie gegen die Heiden beide Testamente zu verteidigen (604,4).
