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Im übrigen ist Lot, der Bruder, d.h. Blutsverwandte Abrahams, in keiner Weise mit jenen Gestalten zu vergleichen, von denen Gott sagte (exod. 3,6): Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, und er ist nicht der Zahl derer zuzurechnen, denen jene Schrift Gerechtigkeit bis zum Ende bescheinigt (cf. Sap. 10,5. 10), obwohl er immerhin inmitten der Sodomiter gottesfürchtig und lauteren Herzens lebte und sich dazu noch das Verdienst der Gastfreundschaft erwarb (cf. Gen. 19,3), weshalb er selber vom Feuerregen, der über jenem Land niederging, verschont blieb (cf. Ib. 12 ff.; 29; II Petr. 2,7), und seinen Nachfahren wegen Abraham, der Lots Onkel gewesen war, als Geschenk Gottes das Land der Verheissung verliehen wurde (cf. Deut. 2,9). Diese Verdienste Lots sind es, die uns in jenen Büchern im lobenden Sinn vor Augen gestellt werden, nicht seine Trunkenheit, nicht sein Inzest; wenn wir aber bei ein und demselben Menschen sowohl sittlich gutes wie sündhaftes Verhalten beschrieben finden, so wird uns das eine zur Nachahmung empfohlen, das andere als warnendes Beispiel vorgestellt. Wenn also das sündige Verhalten Lots, dem vor seiner Sünde Gerechtigkeit bescheinigt wurde (cf. Sap. 10,6), weder die Göttlichkeit Gottes, noch den Wahrheitsgehalt jener Schrift in Frage stellt, sie im Gegenteil unserem Lob und unserer Liebe empfiehlt, weil sie uns nämlich wie der Reflex eines unbestechlichen Spiegels sowohl die edlen und untadeligen wie auch die hässlichen und lasterhaften Seiten all der Personen, die in ihr erscheinen, aufzeigt, wie viel weniger noch gibt die Tat des Juda, der seiner Schwiegertochter beiwohnte (cf. Gen. 38,13 ff.), Anlass, die ehrwürdige Autorität der Schrift anzuschwärzen! Unerschütterlich in jenen Büchern verankert schaut sie, durch göttliches Recht legitimiert, mit Gleichmut herab auf die rabulistischen Spitzfindigkeiten des Grüppleins der Manichäer, aber auch auf die furchteinflössende Feindseligkeit so vieler und so mächtiger Heidenvölker, die sie fast schon vollzählig weg vom frevelhaften Aberglauben des Götzenkults hin zur Verehrung des einen wahren Gottes geführt und der Herrschaft Christi unterworfen hat, wobei sie den Erdkreis nicht mit der Gewalttätigkeit kriegerischer Auseinandersetzung, sondern mit der Macht der der unbesiegbaren Wahrheit bezwungen hat. Wo ist denn Juda in jenen Büchern lobend erwähnt? Was hat jene Schrift Gutes über ihn bezeugt, ausser dass er als Prophetie Christi – es war dies eine Ankündigung, dass dieser dem Fleische nach aus seinem Stamm kommen werde, - durch den Lobpreis seines Vaters vor den andern Brüdern ausgezeichnet und herausgehoben wurde (cf. Gen. 49,8 ff.).
