45.
Indes verteidigen wir ja die Heiligen Schriften, und wir verteidigen nicht die Sünden der Menschen, indem wir fieberhaft nach Argumenten suchen, um die Menschen von der Schuld an dieser Tat reinzuwaschen, etwa in dem Sinn, dass unser Gott so zu handeln befohlen habe, oder ihr Verhalten gebilligt habe, oder in jenen Schriften Menschen als gerecht bezeichnet würden, die, selbst wenn sie es wollten, nicht sündigen könnten. Es zeugt nun aber von einer unglaublichen Verblendung und Willkür, wenn die Manichäer angesichts dessen, dass Gott in den Schriften, die sie anprangern, dieser Tat keinerlei Zeugnis der Rechtfertigung ausstellte, sich anheischig machen, eben diese Tat zum Anlass zu nehmen, um jene Schriften anzuklagen, wo man doch an anderen Textstellen ganz klare Aussagen findet, dass solches Verhalten durch die göttlichen Gebote untersagt ist. So zeigt es sich, dass in diesem Bericht über die Tat der Loth-Töchter ihr Verhalten nur präsentiert, nicht gelobt wurde. In der Tat war es zweckdienlich, einiges unter ausdrücklicher Erwähnung des Urteils Gottes, anderes kommentarlos zu berichten; so soll, wenn das Urteil Gottes mitgeteilt wird, unsere Unwissenheit belehrt, wenn es aber verschwiegen wird, entweder unser Wissen geübt – indem wir uns ins Gedächtnis zurückrufen, was wir an anderer Stelle gelernt haben –, oder aber unsere Trägheit bekämpft werden – indem wir dem nachforschen, was wir noch nicht wissen. Gott, der es versteht, aus bösem Menschenwerk gute Werke zu schaffen, liess hier also aus jenem Samen die Völker hervorgehen, die in seinem Plan standen (cf. Gen. 19,37 f.), ohne seine eigenen Schriften wegen der Sünden der Menschen zu verurteilen. Er hat uns diese Taten ja vor Augen gestellt, sie nicht begangen, und er mahnte, sie zu meiden, und schlug sie nicht zur Nachahmung vor.
