85.
Zu jener Zeit also, da das Königtum im Stamm Juda schon zu Ende gegangen war, musste Christus kommen, der wahre Erretter, unser Herr, der uns nicht Schaden, sondern grossen Nutzen bringen würde (687,5). So nämlich war es prophezeit worden (gen. 49,10): Nicht wird der Herrscher fehlen, der von Juda stammt, nicht der Führer aus seinen Lenden, bis derjenige kommt, für den das verheissen ist. Und er ist die Erwartung der Völker. Zur besagten Zeit nun war, wie es die Prophetie des Daniel vorausgesagt hatte (cf. Dan. 9,26) auch jegliche richterliche Gewalt der Juden zu Ende gegangen, ebenso die mystische Salbung selber, nach der die Amtsträger Gesalbte genannt wurden. Und da kam er, für den all das aufgehoben (!) war, die Erwartung der Völker (gen. 49,10), und der Heilige unter den Heiligen wurde gesalbt mit dem Salböl der Freude, wie keiner seiner Gefährten (Ps. 44,8). Geboren wurde er nämlich in der Zeit von Herodes dem Älteren (cf. Mt. 2,1), gelitten aber hat er in der Zeit, als Herodes der Jüngere Tetrarch war (cf. Lk. 23,7-12). Für ihn, der zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel kam (cf. Mt. 15,24) stellte also eben jener Juda ein Modellbild dar, als er zur Schafschur nach Timna ging (cf. Gen. 38,12), ein Name, der mit aufhörend übersetzt wird: Es gab ja nun nicht mehr den Herrscher, der von Juda abstammte, auch jegliche richterliche Gewalt und die Salbung der Juden hatte aufgehört, sodass er kommen musste, für den all das aufgehoben war (689,2). Juda aber kam nach Timna zusammen mit seinem Hirten, einem Adullamiter, dessen Name Hira war (cf. Gen. 38,12); und Adullamiter heisst übersetzt Zeugnis im Wasser:Mit genau diesem Zeugnis ausgestattet kam der Herr, der zwar ein gewichtigeres Zeugnis als das durch Johannes besass (cf. Joh. 5,36), aber aus Rücksicht auf die Schwachheit seiner Schafe dieses Zeugnis im Wasser benutzte. Zudem wird ja auch der Name jenes Hirten selber, Hira, mit Anblick meines Bruders übersetzt: Unbestreitbar sah Johannes seinen Bruder, den Bruder gemäss der Nachkommenschaft Abrahams, gemäss der Verwandtschaft zwischen dessen Mutter Maria und seiner eigenen Mutter Elisabeth, und gleichzeitig seinen Herrn und Gott, da er ja, wie er selber sagte (cf. Joh. 1,16), aus seiner Fülle empfangen hat. Unbestreitbar sah er ihn (cf. Joh. 1,29 ff.), und deshalb ist unter den von der Frau geborenen kein grösserer aufgetreten als er (cf. Mt. 11,11), da er unter allen, die Christus ankündigten, als einziger sah, was viele Gerechte und Propheten zu sehen wünschten und es nicht sahen (cf. Ib. 13,17); er begrüsste ihn aus dem Mutterleib (cf. Lk. 1,44), er erkannte ihn noch vollkommener an der Gestalt der Taube (cf. Lk. 3,21 f.), und so legte er für ihn – gleichsam ein Adullamiter – wahrhaft Zeugnis ab im Wasser. Es kam aber der Herr, um die Schafe zu scheren, d.h. um sie von ihrer beschwerlichen Last zu befreien, sodass die Kirche, welche im Hohen Lied gepriesen wird (cf. Cant. 4,2), Zähne haben wird, die aussehen wie eine Herde frischgeschorener Schafe.
