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Als nächstes will ich in grösstmöglicher Kürze abhandeln, was die Sünde Davids (cf. II reg. 11) als prophetisches Sinnbild anzeigte. Man braucht nur die Eigennamen zu übersetzen, und es zeigt sich auch hier in aller Deutlichkeit, wofür diese Tat modellbildhaft steht. Die Übersetzung von David lautet mit starker Hand oder begehrenswert: und was ist stärker als jener Löwe aus dem Stamm Juda, der die Welt besiegte (cf. Apoc. 5,5)? Und was ist begehrenswerter als jener, von dem der Prophet sagt (Agg. 2,7): Er wird kommen, ersehnt von allen Völkern.? Bersabee wird übersetzt mit Brunnen der Sättigung oder mit Siebter Brunnen: wir können beide Übersetzungen dieses Namens für unsere Deutung heranziehen, beide passen gut. Denn auch im Hohen Lied (cant. 4,15) stellt jene Braut, die Brunnen des lebendigen Wassers genannt wird, die Kirche dar. Und diesem Brunnen wird nun als Zuname die Siebenzahl beigefügt, ein sinnbildlicher Hinweis auf den Heiligen Geist, dies wegen der zeitlichen Berechnung von Pfingsten, dem Tag, an dem, vom Himmel aus gesandt, der Heilige Geist kam (cf. Apg. 2,1 ff.). Auch die Schrift des Tobias bezeugt ja, dass dieser Festtag von der Siebenzahl der Wochen abgeleitet ist (cf. Tob. 2,1). Zur Zahl 49 – d.h. 7 x 7 – wird aber die Eins hinzugefügt, womit die Einheit ins Licht gerückt wird. Durch dieses Zahlenschema gewinnt jener Satz des Apostels seine Lebendigkeit (Eph. 4,2 f.): Ertragt einander in Liebe, und bemüht euch, die Einheit des Geistes zu bewahren im Frieden, der euch zusammenhält. Durch das Geschenk des Geistes, das in der Siebenzahl begründet ist, wurde also die Kirche zum Brunnen der Sättigung, da in ihr ein Quell sprudelnden Wassers entsprungen ist, das ewiges Leben schenkt, und dessen Besitzer nicht dürsten wird in Ewigkeit (Joh. 4,14). Uria aber, der Bersabees Gatte gewesen war, was versinnbildlicht er, schon vom Wortsinn seines Namens her, anderes als den Teufel, an den all jene in einem heillosen Ehebund gekettet waren, die die Gnade Gottes nun frei macht, damit eine Kirche ohne Flecken und Falten (cf. Eph. 5,27) sich mit ihrem Retter vereinigen kann, - Uria wird ja übersetzt mit Mein Licht ist von Gott, Chetteus aber mit abgetrennt -, sei es, weil er nicht in der Wahrheit steht (cf. Joh. 8,44), sondern sich aus Hochmut von seinem Licht, das er aus der Höhe von Gott empfing, losgetrennt hat, sei es, weil er, der doch bei seinem Sturz die ursprünglichen Kräfte verloren hat, sich dennoch als Lichtengel tarnt (cf. II Kor. 11,14) und weiterhin frech behauptet: Mein Licht ist von Gott. Das Fazit: David in seiner Schwachheit sündigte zwar schwer und beging ein Verbrechen, für das ihn ja auch Gott durch den Propheten mit scharfen Worten zurechtwies (cf. II reg. 12,1. 7 ff.), und das er selber durch seine Reue sühnte (cf. Ib. 13); anderseits fasste jener von allen Völkern ersehnte (cf. Agg. 2,7) Mann Zuneigung zur Kirche, die auf dem Dach ein Bad nahm (cf. II reg. 11,2), d.h. sich vom Schmutz dieser Welt reinigte, in geistiger Betrachtung sich ihres nichtswürdigen Gehäuses enthob und es mit Füssen trat, er trennte sie, nachdem er beim ersten Zusammentreffen eine Beziehung mit ihr angebahnt hatte (ib. 4) gänzlich vom Teufel, den er umbringen liess (ib. 14 ff.), und ging dann mit ihr eine dauerhafte Ehebindung ein (cf. Ib. 27). Hassen wir also seine Sünde, doch übersehen wir die prophetische Aussage nicht (cf. I Thess. 5,20)! Lieben wir jenen David, soweit er diese Liebe verdient, der uns durch sein Erbarmen vom Teufel befreit hat; doch lieben wir auch den David, der jene schwere Wunde, die er sich durch seine Ungerechtigkeit zugefügt hatte, durch seine Demutshaltung der Reue heilte!
