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Das gleiche Bild ergibt sich daher für den König David: Wir lesen von schuldhaftem Verhalten, genauso lesen wir von guten Taten. Was aber bei ihm das stärkere Gewicht hatte, womit er seine Siege errang, das liegt doch offen zutage, zwar nicht für jemanden wie Faustus, der respektlos und blind über die heiligen Bücher und die heiligen Männer herfiel, wohl aber für jemanden, der mit Ehrfurcht und klugem Verstand göttliche Urheberschaft und menschliches Verdienst zu erkennen und zu unterscheiden vermag. Mögen die Manichäer doch nachlesen und zur Kenntnis nehmen, dass Gott sogar häufiger als Faustus selber David des Unrechts bezichtigte (595,7). Aber man liest da auch von jenem Buss-Opfer (cf. II reg. 24,18 ff.). Man liest da von jener unvergleichbaren Milde sogar gegen den schrecklichsten und grausamsten Feind, der, sooft er in die heldenhafte Hand Davids fiel, aus seiner kindlich ergebenen Hand unversehrt wieder freikam (cf. I reg. 24,5-11; 26,8 ff.). Man liest da von der denkwürdigen Demut, die David unter den Geisselhieben Gottes zeigte, vom königlichen Nacken, der das Joch des Herrn so willig auf sich nahm, dass er, obwohl bewaffnet und von Bewaffneten umgeben, die bitteren Vorwürfe aus dem Mund des Gegners ganz geduldig hinnahm, und seinen Begleiter, der in Wut entbrannt war, dass der König sich solches anhören musste, und schon drauf und dran war, mit rächendem Arm auf den Kopf des Lästerers loszugehen, ganz besonnen zurückhielt, und seinem königlichen Befehl noch mit der Furcht Gott Gewicht verlieh, indem er erklärte, das himmlische Gericht habe ihm als Strafe für sein eigenes Verschulden diesen Schurken geschickt, damit er solche Schmähreden gegen ihn losschleudere (cf. II reg. 16,5-14). Man liest da von der so grossen Liebe des Hirten zu seiner ihm anvertrauten Herde, sodass er gar für sie sterben wollte (cf. II reg. 24,17), als Gott es für gut befand, die sündhafte Selbstüberhebung Davids nach jener Volkszählung (cf. Ib. 1-9) so zu bestrafen, dass er die dort ermittelte Zahl (ib. 9), die ja durch ihre Grösse den Stolz im Herzen des Königs ausgelöst hatte, durch den Tod vieler Menschen verminderte (ib. 15), ein geheimer Ratschluss Gottes, - bei dem es keine Ungerechtigkeit gibt (cf. Rm. 9,14) -, mit dem er jene aus diesem Leben riss, von denen er wusste, dass sie dieses Lebens nicht würdig waren, gleichzeitig aber David, der durch die grosse Bevölkerungszahl überheblich geworden war, durch die Verminderung eben dieser Zahl von der Aufgeblasenheit des menschlichen Herzens heilte. Man liest da, wie gewissenhaft, mit welcher Gottesfurcht David im Ritual der Königssalbung das Heilsgeheimnis Christi ehrte (cf. I reg. 24,7), mit der Folge, dass sein Herz, von Gewissensnöten geplagt, zitterte, als er heimlich einen winzigen Zipfel von Sauls Mantel abschnitt (ib. 5), um mit diesem Beweisstück Saul das Vertrauen zu geben, dass er keineswegs auf die Gelegenheit wartete, ihn zu ermorden. Man liest da, welche Klugheit, aber auch welch grosse Milde David seinen Söhnen gegenüber zeigte, wenn er einerseits die Trauer um sein unschuldiges Knäblein, für das er während dessen Krankheit unter vielen Tränen und im Staub liegend zu Gott gefleht hatte, nach seinem Tod beendete (cf. II reg. 12,15-24), umgekehrt aber für seinen im Jünglingsalter stehenden, von vatermörderischem Wahn besessenen Sohn, der das väterliche Lager durch gottlose Schändung befleckt hatte (cf. II reg. 16,22), und zudem gegen seinen Vater einen verbrecherischen Krieg führte (cf. Ib. 15,10 ff.), Schonung verlangte (ib. 18,5), und ihn nach seinem Tod beweinte (ib. 19,1), weil er natürlich die ewige Strafe voraussah, die dessen Seele, welche in so schlimme Verbrechen verstrickt war, erwartete, weshalb er sich gewünscht hätte, dass dieser, um der Strafe zu entgehen, am Leben geblieben wäre, um in seiner Erniedrigung durch Bussfertigkeit auf den richtigen Weg zu kommen. Diese und viele andere lobens- und nachahmenswerte Handlungen kann man bei jenem heiligen Mann finden, wenn ein wahrheitsliebender Geist die Schrift, die über ihn berichtet, durchforscht, vor allem aber wenn wir mit demütigem, ehrfürchtigem und kindlich gläubigem Sinn dem Urteil Gottes, welcher die Tiefen seines Herzens kannte, folgen, da er ja im Angesicht Gottes, der sich nicht täuschen lässt, soviel Gefallen fand, dass dieser ihn sogar seinen Söhnen als Beispiel zur Nachahmung vor Augen stellte (wo?).
