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Nachdem somit sämtliche Gestalten, welche Faustus benutzte, um die Schriften des Alten Testaments in Verruf zu bringen, eingehend behandelt sind und für jede einzelne Gestalt die passende Antwort formuliert wurde, sei es, dass die Männer Gottes gegen die Verleumdungen jener fleischlich denkenden Häretiker in Schutz genommen wurden, sei es, dass zwar die Männer einen Tadel abbekamen, die Schrift selber aber als lobenswert und verehrungswürdig dargestellt wurde, wollen wir nun, nach der Reihenfolge, in der Faustus jene Männer in seiner Anklage erwähnte, prüfen, welchen Sinnbildgehalt ihre Handlungen über das rein Faktische hinaus besitzen, welche Prophetie sie enthalten, was sie an zukünftigem Geschehen ankündigen. Wir haben diese Aufgabe für Abraham, Isaak und Jakob bereits geleistet, deren Namen Gott als Kennzeichen für sich beanspruchte (cf. Exod. 3,6. 15), als ob er, der doch der Gott der gesamten Schöpfung ist, einzig ihr Gott gewesen wäre, wobei er ihnen diese hohe Auszeichnung nicht ohne Grund zukommen liess, einmal deshalb, weil er ihre aufrichtige und ausserordentliche Liebe kannte - etwas, was er allein vollkommen und zweifelsfrei wissen konnte -, zum andern, weil er in diesen drei Männern das erhabene und bestaunenswerte Heilsgeheimnis seines zukünftigen Volkes gewissermassen vollendet zur Darstellung brachte, da sie einerseits mit Frauen freien Standes nicht nur Nachkommenschaft für die Freiheit zeugten, wie z.B. mit Sarah (cf. Gen. 21,2), Rebekka (ib. 25,21), Lea (ib. 29,32) und Rachel (ib. 30,23), sondern auch für den Sklavenstand, so wie die eben genannte Rebekka auch Esau gebar, an den sich das Wort richtete (gen. 27,40): Du wirst Knecht deines Bruders sein, anderseits mit Sklavinnen nicht nur Nachkommenschaft für den Sklavenstand, wie z.B. mit Agar (cf. Gen. 16,15), sondern auch für die Freiheit, wie z.B. mit Bilha (cf. Ib. 30,5) und Silpa (ib. 30,10). Auf die selbe Weise nämlich zeugen im Volk Gottes die geistig ausgerichteten Menschen, also die Freien, Nachkommen nicht nur für die hochzupreisende Freiheit, wie jene, an die sich das Wort richtet (I Kor. 4,16): Ahmt mich nach, so wie ich Christus nachahme!, sondern auch für die verfluchenswerte Sklaverei, so wie es Philippus mit Simon widerfuhr (cf. Apg. 8,9 ff.), anderseits zeugen die fleischlich Gesinnten, also die Sklaven, nicht nur Nachkommen für die verfluchenswerte Sklaverei, also solche, die sie nachahmen, sondern auch für die hochzupreisende Freiheit, an die sich das Wort richtet (Mt. 23,3): Was sie sagen, tut; was sie aber tun, das tut nicht! Wer immer die Einsicht besitzt, dieses eindrückliche Heilsgeheimnis im Volk Gottes verwirklicht zu sehen, der hält bis zum Ende fest an der Einheit des Geistes im Band des Friedens, indem er sich mit den einen verbunden fühlt, die andern erträgt. Wir haben diese Aufgabe auch für Loth bereits durchgeführt, indem wir zeigten, was die Schrift an Lobenswertem, was an Tadelnswertem über ihn berichtet hat, und wie diese ganze Episode in ihrer Sinnbildhaftigkeit zu deuten ist (634,8 ff.).
