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Aber auch bei jenem Vorwurf, den Faustus als Höhepunkt seiner Lügen und Verleumdungen erhob, dass die Frauen wie vier Dirnen unter sich einen Wettstreit ausgefochten hätten, welcher von ihnen es gelänge, Jakob auf ihr Lager zu zerren (594,21), ist mir unklar, wo er das gelesen hat, vielleicht in seinem Herzen, einem Kompendium gottloser Lügnereien, in dem er selber wahrhaft Hurerei getrieben hat, aber mit jener Schlange, die der Apostel um der Kirche willen, welche er Christus, ihrem einzigen Gemahl als reine Jungfrau darbieten wollte (cf. II Kor. 11,2) fürchtete; seine Angst war ja, dass diese Schlange auch deren Denken, so wie sie Eva mit ihrer Arglist getäuscht hatte, von der reinen Hingabe an Christus abspenstig machen und verderben könnte (ib. 3). Denn die Manichäer sind so eng mit jener Schlange befreundet, dass sie gar behaupten, diese hätte ihnen eher Nutzen gebracht als geschadet. Und sie war es offensichtlich, die Faustus dazu brachte – indem sie seiner unzüchtigen Seele die Samen der Falschheit einträufelte -, dass er jene Verleumdungen, eine wahrhaft üble Leibesfrucht, durch seinen unflätigen Mund ans Licht brachte und überdies noch mit frechdreistem Griffel der Nachwelt überlieferte. Denn keine der Mägde hat je der andern Jakob als Ehemann abspenstig gemacht, keine hat je mit der andern um das Ehelager gestritten. Es gab da vielmehr eine feste Ordnung, und zwar deshalb, weil der Sinneslust kein Raum gegeben wurde; und die Rechte, die sich aus der ehelichen Verfügungsgewalt ergaben, waren um so sicherer gewährleistet, je reiner ihre Absicht war, das Unrecht, das aus den fleischlichen Begierden erwächst, zu meiden. Wenn da nämlich Jakob sogar von der eigenen Ehefrau gegen Bezahlung für eine Liebesnacht gemietet wird (cf. Gen. 30,14 ff.), so erweist sich gerade damit unsere These als wahr, so spricht hier die Wahrheit selber laut und deutlich für sich gegen die Verleumdungen der Manichäer. Was hätte es je für einen Grund gegeben, dass die eine Ehefrau den Ehemann von der andern mieten musste, als eben den, dass die andere Ehefrau an der Reihe war, vom Ehemann besucht zu werden? Denn dieser hätte niemals die andere aufgesucht, wenn diese ihn nicht für sich gemietet hätte, sondern hätte selbstverständlich im gerechten Turnus jene Ehefrau aufgesucht, mit der er so reiche Nachkommenschaft gezeugt hatte, der er gar zu Willen war, mit der Magd weitere Nachkommenschaft zu zeugen (cf. Gen. 30,9) und mit der er später nochmals Nachkommen zeugte, ohne dass sie ihn für sich mieten musste (ib. 19 ff.). Jetzt aber war Rachel an der Reihe (ib. 14 ff.), die Nacht mit dem Ehemann zu verbringen; jetzt lag jenes Verfügungsrecht bei ihr, das der Apostel, und das war gewiss die Stimme des Neuen Testaments, in aller Deutlichkeit erwähnte (I Kor. 7,4): Ebenso hat nicht der Mann die Verfügungsgewalt über seinen Leib, sondern die Frau. Deshalb also war Rachel mit ihrer Schwester, deren Schuldnerin sie geworden war (cf. Gen. 30,15), übereingekommen, sie an den Mann, der bei ihr selber in der Schuld stand, weiter zu weisen. Denn dies ist die Terminologie, die der Apostel verwendet, wenn er sagt (I Kor. 7,3): Der Mann soll seine Schuld gegenüber der Frau begleichen. Jene Frau, bei welcher der Mann in der Schuld stand, hatte also von ihrer Schwester bereits in Empfang genommen, was sie aus freiem Entscheid für sich ausgewählt hatte, um ihr nun als Entgelt das zu geben, worüber sie die Verfügungsgewalt besass.
