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Wie aber hätte man den Menschen, die jene Heiligen Schriften mit Ehrfurcht lesen und hören, brauchbarer und heilsamer Rat und Hilfe gewähren können, als damit, dass man ihnen neben lobenswerten Gestalten zur Nachahmung und tadelnswerten zur Abschreckung auch einige Gute vorstellte, die ins Böse abirrten und abstürzten – wobei die einen nach einer Zurechtweisung wieder auf den rechten Weg zurückfinden, die andern unrettbar im Abgrund liegen bleiben -, und ebenso einige Böse, die einen Wandel und Fortschritt zum Guten hin erlebten, - um teils beharrlich auf diesem Weg fortzuschreiten, teils wieder in den alten Zustand zurückzufallen -, dies alles natürlich als Vorbeugung dagegen, dass die Gerechten sich in ihrer vermeintlichen Sicherheit zum Stolz erheben, die Ungerechten aber in ihrer Hoffnungslosigkeit gegen jede Medizin resistent werden? Jene andern menschlichen Taten aber, die sich weder als nachahmenswerte noch als warnende Beispiele präsentieren, aber dennoch ihren Platz in der Heiligen Schrift haben, dienen entweder, wie oben erklärt (701,19), als Scharniere an Stellen, die zu entscheidenden Dingen hinführen, oder aber sie weisen schon durch ihre scheinbare Überflüssigkeit deutlich genug darauf hin, dass in ihnen eine prophetische Aussage in mystischer Sinnbildlichkeit gesucht werden muss. Wir sprechen hier natürlich nicht von jenen Büchern, in denen es keine solche Ankündigungen aus prophetischem Geist gibt, oder nur ganz wenige – es gibt davon nicht viele – völlig unverschlüsselte, die ihre göttliche Autorisation auch dank der bereits eingetretenen Erfüllung mit dem unbestechlichen und leuchtend hellen Licht der Wahrheit bezeugen, sodass jemand völlig von Sinnen sein muss, der glaubt, dass jene Propheten, an deren Mund er Menschen jeglicher Art und jeglicher Begabung hängen sieht, und deren Voraussagen er, so wie er sie liest, als bereits erfüllt erkennt, aus Geschwätzigkeit oder närrischem Gehabe irgend etwas dahergeredet hätten.
