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Was es nun aber mit jener Handlung des Moses, die vorausging, für eine Bewandtnis hat, als er das Kalb im Feuer verbrannte, es zu Staub zerstampfte, diesen ins Wasser streute und so dem Volk zu trinken gab (cf. Exod. 32,20), da ist schon einiges mehr an Anstrengung erforderlich, um deren Sinnbildgehalt zu ergründen. Denn wenn er die Tafeln, die er, vom Finger Gottes, d.h. durch das Wirken des Heiligen Geistes beschrieben, empfangen hatte (ib. 15 f.), sicherlich deshalb zerbrach, weil er jene Menschen für unwürdig befand, dass sie ihnen vorgelesen würden, wenn er im weitern das Kalb verbrannte, es zermalmte, im Wasser ausstreute und versenkte, um es endgültig ihrem Blick zu entziehen, weshalb gab er anschliessend die Brühe auch noch dem Volk zu trinken? Wen würde es nicht reizen, die prophetische Sinnbildlichkeit dieser Aktion zu untersuchen und zu deuten? Nun, der aufmerksame Betrachter dürfte beim Kalb gleich an den Körper des Teufels denken, womit die Menschen aus sämtlichen Heidenvölkern gemeint sind, für die der Teufel den Kopf, d.h. den Anstifter zu solch gottlosen Handlungen darstellt; golden aber ist dieser Körper, weil die Götzenkulte, wie es scheint, von vermeintlich Weisen eingerichtet wurden, über die der Apostel sagt (Rm. 1,21-23): Denn sie haben Gott erkannt, ihn aber nicht als Gott geehrt und ihm nicht Dank gesagt, sondern sie verfielen in ihrem Denken der Nichtigkeit, und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert; und sie behaupteten, weise zu sein und wurden zu Toren, und sie vertauschten die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes mit Bildern, die den vergänglichen Menschen und fliegendes, vierfüssiges und kriechendes Getier darstellen. Dieser vermeintlichen Weisheit entspringt jenes goldene Kalb, ein Machwerk von Menschenhand, wie es auch die Vornehmen und angeblich Weisen unter den Ägyptern zu verehren pflegten. Dieses Kalb ist also ein Sinnbild für den gesamten Körper, d.h. die ganze Gemeinschaft der Heiden, welche dem Götzendienst ergeben ist. Diese gottlose Gemeinschaft verbrennt nun Christus der Herr mit jenem Feuer, von dem er im Evangelium sagt (Lk. 12,49): Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen, um so durch die Feuerglut seiner Kraft - niemand kann sich ja der Hitze dieses Feuers entziehen (cf. Ps. 18,7) – die Teufelsgestalt, in der sich die Heiden noch befinden, zu zermürben, bis sie zum Glauben an Christus gelangen. Darauf wird jener ganze Körper zerkleinert, - d.h. er wird, nachdem der Guss jenes üblen Machwerks gesprengt ist, durch das Wort der Wahrheit klein gemacht – und zerkleinert ins Wasser geworfen, damit die Israeliten, d.h. die Verkünder des Evangeliums, in der Taufe die einzelnen Heiden unter ihre Glieder, d.h. in den Leib des Herrn aufnehmen können. Zu Petrus, einem dieser Israeliten wurde ja im Zusammenhang mit jenen Heiden gesagt (apg. 10,13): Schlachte und iss! Wenn es da heisst: Schlachte und iss!, warum dann nicht auch: Zermalme und trink!? So ist also jenes Kalb durch das Feuer des Glaubenseifers, durch die Schärfe des Wortes und durch das Wasser der Taufe von denen verschlungen worden, die es zuvor selbst zu verschlingen trachtete.
