2. Kapitel
Im Vertrauen auf eure mir wohlbekannte Liebe und Frömmigkeit ermahne ich euch dringend, da ja eure Anwesenheit in der Stadt keineswegs böses Blut macht und nicht so sehr gefährlich ist, meine Stelle zu vertreten und alle Maßnahmen zu treffen, die die Leitung der Kirche erheischt. Soviel als nur möglich gilt es einstweilen auf alle Weise für die Armen Sorge zu tragen, wenigstens soweit sie in unerschütterlicher S. 51 Glaubenstreue standhaft blieben und die Herde Christi nicht verlassen haben. Ihnen müssen durch eure gewissenhafte Umsicht die Mittel gespendet werden, um sie vor Mangel zu schützen, damit nicht die Not an den Bedrängten das fertigbringt, was der Sturm (der Verfolgung) an den Gläubigen nicht zu bewirken vermochte. Auch die ruhmreichen Bekenner bedürfen besonders eifriger Fürsorge. Und obwohl ich weiß, daß sich die Brüder mit herzlicher Liebe der meisten von ihnen angenommen haben, so sollte doch auch denen, die etwa noch an Kleidung oder an Nahrung Mangel leiden, alles Notwendige zur Verfügung gestellt werden, wie ich euch schon seinerzeit geschrieben habe, als sie noch im Kerker waren1. Nur sollen sie auch von euch erfahren und hören und lernen, welche Forderungen nach der Lehre der Schriften die Kirchenzucht stellt: daß sie sich nämlich demütig und bescheiden und ruhig verhalten sollen, um die Ehre ihres Namens zu bewahren, damit sie, die Ruhm geerntet haben mit ihren Worten, auch in ihren Sitten ruhmreich sind und sich würdig erweisen in allen Stücken, sich bei dem Herrn Verdienste zu erwerben und mit der Vollendung ihres Lobes zur himmlischen Krone zu gelangen. Denn es liegt noch mehr vor uns, als hinter uns zu liegen scheint, da geschrieben steht: „Lobe keinen Menschen vor seinem Tode2!“ und wiederum: „Sei getreu bis in den Tod, und ich will dir die Krone des Lebens geben3.“ Und auch der Herr spricht: „Wer ausharret bis ans Ende, der wird gerettet werden4.“ Den Herrn sollen sie nachahmen, der gerade in der Zeit des Leidens nicht hochmütiger, sondern noch demütiger gewesen ist. Denn damals wusch er seinen Jüngern die Füße, indem er sagte: „Wenn ich, euer Herr und Meister, eure Füße wasche, so sollt auch ihr die Füße anderer waschen! Denn ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit ihr anderen tuet, wie ich getan habe5.“ S. 52 Auch dem Beispiel des Apostels Paulus sollen sie (die Bekenner) nachfolgen! Selbst, nachdem er wiederholt in den Kerker geworfen, nachdem er gegeißelt und den wilden Tieren vorgeworfen worden war, blieb er dennoch durchaus sanft und demütig, und nicht einmal nach seiner Verzückung in den dritten Himmel und in das Paradies6 wußte er etwas von stolzer Anmaßung, sondern sagte: „Wir haben nicht umsonst von jemand Brot gegessen, sondern in Arbeit und Mühe sind wir Tag und Nacht tätig gewesen, um keinem von euch beschwerlich zu fallen7.“
