3. Kapitel
Denn noch etwas anderes, müßt ihr wissen, hat mich besonders dazu veranlaßt und angetrieben, dieses Schreiben an euch zu richten. Wie ja der Herr die Gnade hat, seinen Willen durch Offenbarung kundzutun, so hörte ich in einem Gesicht die Worte: „Bittet, und ihr werdet empfangen1.“ Sodann erhielt das dabeistehende Volk den Befehl, für gewisse, ihm näherbezeichnete Personen zu beten. Bei diesem Gebet aber ließen sie in ihren Worten und in ihrer Gesinnung jede Übereinstimmung und Gleichheit vermissen, und es mißfiel ihm, der gesagt hatte: „Bittet, und ihr werdet empfangen!“ gar sehr, daß das Volk in Uneinigkeit zersplittert war und daß es unter den Brüdern keine volle und aufrichtige Einmütigkeit, keine geschlossene Eintracht gab. Und es steht doch geschrieben: „Gott, der Einmütige im Hause S. 37 wohnen läßt2“, und in der Apostelgeschichte lesen wir: „Die Schar derer aber, die gläubig geworden waren, war ein Herz und eine Seele3.“ Auch der Herr hat mit eigenem Munde befohlen und gesagt: „Das ist mein Gebot, daß ihr einander liebet4“, und wiederum: „Ich aber sage euch, wenn zwei von euch übereinstimmen auf Erden über jegliche Sache, um die ihr nur bitten möget, sie soll euch zuteil werden von meinem Vater, der im Himmel ist5.“ Wenn nun aber schon zwei Einmütige soviel vermögen, wie wäre es dann erst, wenn Einmütigkeit bei allen herrschte? Wenn entsprechend dem Frieden, den der Herr uns gegeben hat, Übereinstimmung unter sämtlichen Brüdern bestünde, dann hätten wir von der göttlichen Barmherzigkeit schon längst das erlangt, was wir erbitten, und wir würden nicht so lange in dieser beständigen Gefahr für unser Heil und unseren Glauben schweben; ja, diese Übel wären sicherlich überhaupt gar nicht über die Brüder gekommen, wenn ihre Gemeinde von einem Geiste beseelt gewesen wäre.
