13. Kapitel
Wenn nun aber manche diejenigen, die durch das heilbringende Wasser und den rechtmäßigen Glauben die Gnade Christi erlangt haben, nicht Christen, sondern „Kliniker“ nennen, so verstehe ich nicht, wie sie zu diesem Namen kommen. Oder haben vielleicht Leute, die schon mehr und geheimnisvollere Schriften gelesen haben, bei Hippokrates oder Soranus1 solche Kliniker erwähnt gefunden? Denn ich kenne nur einen Kliniker aus dem Evangelium, und ich weiß, daß jenen Gichtbrüchigen und Lahmen, der lange Zeit seines Lebens bettlägerig war, seine Krankheit keineswegs daran hinderte, vollkommen zur himmlischen Gesundheit zu S. 319 gelangen, und daß er durch die Gnade des Herrn nicht nur vom Bett aufgerichtet wurde, sondern mit wiederhergestellten und frischen Kräften selber sein Bett aufgenommen hat. Soweit uns deshalb unser Glaube einen Einblick und ein Urteil gestattet, geht meine Meinung dahin, daß jeder, der in der Kirche nach dem Gesetz und Recht des Glaubens die göttliche Gnade erlangt hat, auch als rechtmäßiger Christ betrachtet werden soll. Wenn aber jemand glaubt, sie hätten nichts erreicht, weil sie von dem heilbringenden Wasser nur Übergossen worden seien und nun mit leeren Händen dastehen, so hätten sie ganz recht, wenn sie sich taufen ließen, sobald sie der hinderlichen Krankheit entronnen und wieder gesund geworden sind. Wenn aber solche, die bereits durch die kirchliche Taufe geheiligt sind, nicht mehr getauft werden können, warum sollen sie dann an ihrem eigenen Glauben und an der Nachsicht des Herrn irre werden? Oder haben sie etwa zwar die Gnade des Herrn erlangt, aber nur einen verkürzten und geringeren Anteil an der göttlichen Gnade und dem Heiligen Geist zugemessen bekommen, so daß sie zwar als Christen gelten, den übrigen jedoch nicht gleichzustellen wären?
Hippokrates, der berühmteste griechische Arzt, um 430 v. Chr.; Soranus, bedeutender Mediziner zur Zeit Hadrians (vgl. Tertullianus Schrift: „Über die Seele“). ↩
