19. Kapitel
Wenn aber die Jünger Christi nicht von Christus lernen wollen, wieviel Hochachtung und Ehrfurcht man dem väterlichen Namen schuldet, dann mögen sie es wenigstens an den irdischen und weltlichen Beispielen lernen und wissen, daß Christus den schwersten Vorwurf erhoben hat, wenn er sagte: „Die Kinder dieser Welt sind klüger als die Kinder des Lichtes1.“ Wenn in S. 351 dieser Welt jemand den Vater eines anderen beschimpft, wenn er schmähsüchtig und frech seinen guten Namen und seine Ehre mit seiner Lästerzunge verunglimpft, dann packt den Sohn Zorn und Empörung, und er versucht mit allen Kräften, die seinem beleidigten Vater angetane Unbill zu rächen. Und du glaubst, daß Christus gottlosen Frevlern und Lästerern seines Vaters Straflosigkeit gewährt und in der Taufe Leuten die Sünden erläßt, die doch sicherlich auch nach der Taufe noch dieselben Schmähungen gegen die Person seines Vaters ausstoßen und unaufhörlich mit ihrer Lästerzunge weiter freveln und sündigen? Kann das ein Christ, kann das ein Knecht Gottes im Geiste sich vorstellen oder wirklich glauben oder gar über die Lippen bringen? Und wo bleiben dann die göttlichen Gebote des Gesetzes, die da sagen: „Ehre Vater und Mutter2!“ Oder darf man das Wort Vater, das man bei dem Menschen in Ehren halten muß, bei Gott ungestraft beschimpfen? Wo bleibt dann die Drohung, die Christus selber im Evangelium ausstößt und äußert: „Wer Vater oder Mutter schmäht, der soll des Todes sterben3!“ Da müßte ja der nämliche, der die ihren fleischlichen Eltern Schmähenden zu strafen und zu töten befiehlt, die Lästerer gegen den himmlischen und geistlichen Vater und die Feinde der Mutter Kirche selber zum Leben erwecken! Eine ganz und gar fluchwürdige und abscheuliche Behauptung ist es, wenn gewisse Leute sagen, der gleiche, der da droht, jeder Lästerer wider den Heiligen Geist mache sich einer ewigen Sünde schuldig, heilige die Lästerer gegen Gott, den Vater, durch die heilbringende Taufe. Und da glauben nun manche, mit solchen Sündern, wenn sie zur Kirche kommen, ohne Taufe Gemeinschaft halten zu dürfen und sehen jetzt nicht ein, daß sie sich selbst damit in die Gemeinschaft fremder, ja ewiger Sünden begeben, indem sie ohne Taufe Leute zulassen, die nur in der Taufe die Sünden ihrer Lästerungen ablegen können?
