112. Brief — An die Mutter Maria vom heiligen Joseph, Priorin in Sevilla
Toledo, am 9. September 1576
Verschiedene Angelegenheiten des Klosters zu Sevilla.
Jhs
Die Gnade des Heiligen Geistes sei mit Euerer Ehrwürden, meine Tochter!
Ihre Briefe gewähren mir wahrhaftig einen großen Trost. Als ich jüngst den einen las, ohne zu wissen, daß noch ein zweiter dabei sei, fand ich beim Lesen des zweiten eine solche Freude, als ob ich den ersten noch nicht gelesen hätte. Ich war über mich selbst erstaunt. Daraus können Sie entnehmen, daß mir Ihre Briefe immer Freude machen werden. Das, was ich Ihnen beantworten soll, schreiben Sie mir immer auf einen besonderen Zettel, damit ich ja nichts übersehe.
Was Sie mir bezüglich der Aufnahme der Nonnen schreiben, so hat, wie ich meine, unser Vater schon die Erlaubnis gegeben, daß die Mutter der Beatrix eintreten könne. Es hat mich dies sehr gefreut. Sie tun also recht, wenn Sie diese aufnehmen, und Sie können sie gar wohl einkleiden; denn es bereitet mir das eine besondere Freude. Sagen Sie ihr, daß ich recht sehr wünschen würde, mit ihr im dortigen Kloster zusammen zu leben. Was die Profeß der Beatrix betrifft, so habe ich Ihnen schon geschrieben, daß Sie ihr deren Ablegung gestatten können. Ich werde dies unserem Vater berichten. Empfehlen Sie mich ihr vielmals und sagen Sie ihr, sie möge ja an ihrem Profeßtage meiner nicht vergessen.
Was die Basen des García Alvarez betrifft, so weiß ich nicht, ob Sie sich noch erinnern, daß man mir von der einen sagte, sie sei äußerst melancholisch und habe den Verstand verloren. Ich glaube aber nicht, daß es die Constantia gewesen ist. Besprechen Sie dies offen mit García Alvarez. Über seine Nichte weiß ich nichts. Seine Verwandten sind uns nur dann um so lieber, wenn sie für uns passen. Erkundigen Sie sich genau, und wenn Sie vollständig unterrichtet sind, dann schreiben Sie an unseren Vater um die Erlaubnis zur Aufnahme! Er wird jetzt noch in Almodóvar sein, wo, wie Sie wissen werden, ein Kapitel der Unbeschuhten abgehalten wird. Es ist dies sehr gut. Warum schreiben Sie mir denn nichts von der Erkrankung des Paters Gregor? Ich habe wirklich, als ich es erfahren, großes Leid darüber empfunden.
Um wieder auf die Aufnahme der Nonnen zurückzukommen, so ist jene nicht wieder gekommen, von der ich Ihnen schrieb, daß sie eine gute Stimme besitze. Man unterhandelt jetzt wegen einer anderen. Nikolaus bittet sehr für sie, und Pater Mariano spricht immer davon, wie viel Nikolaus für Ihr Kloster tun werde. Diese würde [uns] etwas mehr als vierhundert Dukaten und ihre Ausstattung mitbringen; das Geld würde aber sogleich erlegt werden. Deshalb dringe ich darauf, daß es verzinslich angelegt werde. Auch zur Zahlung der Hauskaufsteuer könnte es, wie es ausgemacht ist, dienen, damit die Schwestern nicht mehr belästigt werden.
Es ist mir sehr leid, daß der Vergleich noch nicht abgeschlossen war, als jener andere starb. Indessen ist es vielleicht so besser. Bedenken Sie aber immer, daß ein gütlicher Vergleich für uns ratsamer ist [als ein Prozeß]. Vergessen Sie dies nicht! Unser Vater schrieb mir, ein gelehrter Jurist am Hofe habe ihm gesagt, daß wir nicht Recht bekämen, und wenn dies auch der Fall wäre, so sei doch das Prozessieren immer eine böse Sache. Vergessen Sie das ja nicht!
Man hat mir gesagt, daß die genannte Jungfrau, die Nonne werden will, sehr brav sei. Ich habe es dem Johann Diaz ernstlich aufgetragen, er möge sich diese Jungfrau ansehen; denn wenn das Mal, das sie im Gesichte haben soll und das ich nicht kenne, verunstaltend ist, so wird sie nicht aufgenommen. Das Geld dieser Kandidatin würde mich schon anlocken, weil man es Ihnen geben würde, sobald Sie es begehrten; denn ich möchte nicht, daß man das Geld der Mutter der Beatrix und das des Paulus angreife, weil es zur Tilgung der Hauptschuld dient und weil, wenn man dieses Geld durch anderweitige Verwendung vermindern würde, den Schwestern eine große Schuldenlast bliebe. Dies wäre fürwahr etwas Entsetzliches. Deshalb wünschte ich, daß man sich [für die laufenden Ausgaben] mit dem Gelde der erwähnten Kandidatin behelfe. Ich werde mich genau über sie erkundigen. Man lobt sie gar sehr, und zudem ist sie von hier. Ich werde mich bemühen, sie zu sehen.
Es hat mich sehr gefreut, daß es dem Bischof gut geht, und in jenen Angelegenheiten tun Sie, was diese Männer Ihnen sagen; später geht dies jedoch nicht mehr an, da muß man sich nach den bestehenden Verordnungen richten, so sehr dies auch jene verdrießen mag.
Ich wiederhole meinen Wunsch, den ich schon ausgesprochen, nämlich, daß die Renten jener Schwester nicht verkauft werden. Wir müssen vielmehr anderswoher Geld zu bekommen suchen, sonst bleibt uns die Schuldenlast. Mit diesen Renten und mit dem Gelde des Paulus können wir einen großen Teil der Schulden auf einmal abtragen, wodurch die Schwestern einen großen Vorteil gewinnen werden.
O welche Freude hat uns der Brief von meinen Töchtern bereitet! Ich versichere Sie, daß wir ganz entzückt waren. Empfehlen Sie mich ihnen. Da ich an unseren guten García Alvarez schreiben muß, [so will ich mich nicht mehr weiter verbreiten]. Mich freut es sehr, daß er von solch heiterer Gemütsart ist. Indessen muß man ihm gegenüber doch zurückhaltend sein; denn er ist so vollkommen, daß er leicht an etwas Anstoß nehmen könnte, wodurch wir ihn zu erbauen meinen. Andalusien ist nicht das Land, wo große Offenherzigkeit ratsam ist. Außerordentlich hat es mich gefreut, daß der Bischof sich wohl befindet, und ich habe dem Herrn dafür gedankt. Sagen Sie es ihm, wenn Sie ihn sehen! Sollte dies auch nicht so oft geschehen, so machen Sie sich nichts daraus. Eben sind die Briefe ganz recht angekommen; jeder berichtete mir das nämliche, und doch haben sie mich sehr gefreut.
Der kleinen Theresia geht es gut. Man kann nur Gott preisen für die Vollkommenheit, die sie auf der Reise an den Tag gelegt hat. Es war wirklich zum Erstaunen. Sie wollte keine Nacht außer dem Kloster zubringen. Ich versichere Sie, daß sie den dortigen Schwestern Ehre macht für die Mühe, die sie mit ihr gehabt. Ich kann Ihnen gar nicht genug danken für die gute Erziehung, die sie ihr angedeihen ließen, und ihr Vater desgleichen. Dieser befindet sich wohl. Ich habe einen Brief zerrissen, den uns Theresia geschrieben und der uns zum Lachen brachte. Mögen sie die Schwestern um der Liebe willen immer Gott empfehlen, und besonders bitte ich darum ihre Meisterin.
Von Ávila aus wurde mir geschrieben, daß sie immer noch Heimweh habe nach dem Kloster zu Sevilla und die dortigen Schwestern sehr lobe. Mit diesen Briefen werden wahrscheinlich noch einige an den Assistenten folgen; wenn sie setzt nicht fortkommen, so werde ich sie nachsenden.
Heute habe ich mich nach Madrid an den Grafen de Olivares gewendet, um ihn zu bestimmen, daß er nach Sevilla schreibe. Das wäre ein großes Glück für uns. Möge Gott dazu seine Hand bieten!
Ich werde mich dieser Angelegenheit annehmen, soviel ich kann. Gott gebe, daß es nicht umsonst sei!
Es ist ein großer Trost für mich, daß Ihr Kloster kühl ist; dagegen tut mir hier die Wärme wohl. Um der Liebe willen bitte ich die Schwestern, mir ja nichts mehr zu schicken; denn der Transport kostet mehr, als die Sache wert ist. Von den Quitten kamen nur wenige gut an, die Fische dagegen alle. Den Thunfisch behielt man in Malagón; möge man ihn meinetwegen behalten! Weil man Ihnen von dort schreiben wird, darum berichte ich nichts von den Leiden und der schlechten Gesundheit der Priorin. Übrigens hat doch, Gott sei Dank, die Blutung aufgehört. Der Herr erhalte Sie mir alle, meine Töchter, und mache Sie heilig! Amen.
Man wagt es nach meiner Ansicht nicht, auf Ihren Brief zu antworten. Trotzdem sage ich Ihnen, daß Sie, da Sie jetzt Unterkleider aus Stramin tragen, ohne jegliche Unvollkommenheit solche aus Wollenstoff tragen könnten; diese sind nach meinem Dafürhalten besser als leinene!
Heute ist der 9. September.
Euerer Ehrwürden
Theresia von Jesu
Wenn der Briefbote ein Maultiertreiber ist, kann ich das Porto mitsenden. Geschieht dies nicht, so wissen Sie schon, was diese Leute gewöhnlich tun. Die Briefe gehen nicht sicher. Darum mache ich Sie darauf aufmerksam, die Ihrigen ja nie der Gefahr auszusetzen.
