346. Brief — An Don Laurentius de Cepeda, ihren Neffen, in Quito
Valladolid, ungefähr am 28. Dezember 1580
Der heilige Tod seines Vaters Don Laurentius de Cepeda. Verehelichung seines Bruders Don Franz mit Doña Orofrisia de Mendoza y Castilla. Familiennachrichten.
Jhs
Die Gnade des Heiligen Geistes sei mit Ihnen, mein Sohn!
Sie können es mir wohl glauben, daß mir die traurige Nachricht, die ich Ihnen in diesem Briefe mitteilen muß, recht tief zu Herzen geht. Wenn ich jedoch bedenke, daß Sie diese von anderer Seite her erfahren könnten und man Ihnen das Trostvolle dieser so schmerzlichen Prüfung nicht berichten würde, so will ich lieber, daß Sie diese Nachricht von mir erhalten. Wenn wir die Armseligkeiten dieses Lebens recht betrachten, so müssen wir uns über die Seligkeit jener freuen, die sich schon im Genusse Gottes erfreuen. Es hat Seiner Majestät gefallen, meinen guten Bruder Laurentius de Cepeda zwei Tage nach dem Feste des heiligen Johannes zu sich zu nehmen. Es ging sehr schnell, da er an einem Blutsturz starb. Am Feste des heiligen Johannes hatte er eben noch gebeichtet und kommuniziert. Ich halte es in Anbetracht seiner Gemütsverfassung für eine große Gnade, daß er so schnell abgerufen wurde; sein Seelenzustand war ja, wie ich weiß, derart, daß er immer gut auf den Tod vorbereitet war. Noch acht Tage vor seinem Hinscheiden hat er mir einen Brief geschrieben, worin er bemerkte, daß er nur mehr kurze Zeit leben werde, obwohl er den Tag seines Todes nicht genau wußte.
Er starb, indem er sich in die Hände Gottes empfahl, wie ein Heiliger. So können wir auch unserem Glauben gemäß annehmen, er sei nur kurze Zeit oder gar nicht in den Reinigungsort gekommen. Er war, wie Sie selbst es wissen, immer ein treuer Diener Gottes, in der letzten Zeit aber in solchem Grade, daß er von irdischen Dingen nichts mehr wissen, sondern nur mit Personen verkehren wollte, die mit ihm sich über Gott unterhielten; alles andere fiel ihm so lästig, daß ich große Mühe hatte, ihn zu trösten. Um mehr für sich sein zu können, zog er sich auf sein Landgut Serna zurück, wo er auch starb oder, besser gesagt, wo er zu leben anfing. Könnte ich Ihnen einige Einzelheiten aus seinem inneren Leben mitteilen, so würden Sie daraus erkennen, wie sehr Sie Gott danken müssen, daß er Ihnen einen so frommen Vater gegeben hat, und wie sehr Sie verpflichtet sind, sich als würdiger Sohn eines solchen Vaters zu bezeigen; doch in einem Briefe kann ich nicht mehr sagen. Trösten Sie sich über diesen Tod und seien Sie gewiß überzeugt, daß Ihnen der Vater an dem Orte, wo er sich jetzt befindet, mehr Gutes erweisen kann als auf Erden.
Dieser Todesfall hat mir mehr Kummer bereitet als alles übrige; auch die gute Teresita von Jesu wurde sehr schmerzlich davon betroffen. Doch Gott hat diesem Kinde so viel Verständnis verliehen, daß sie diese Prüfung wie ein Engel hingenommen hat. Sie ist auch wirklich ein Engel und eine vortreffliche Nonne, die in ihrem Stande sehr glücklich ist. Ich hoffe zu Gott, sie werde ihrem Vater ähnlich werden.
Andererseits hat es mir nicht an Leiden gefehlt, bis ich Don Franz versorgt sah; denn da wir, wie Sie selber wissen, nur wenig Verwandte haben, so fühlte er sich recht verlassen.
In Ávila hätte man vielfach gewünscht, er möchte sich mit einem Mädchen dieser Stadt verehelichen; allein ich fürchtete, er könnte sich eine Braut nehmen, die für ihn nicht paßte. Er hat sich nun, Gott sei Dank, am Tage der Empfängnis (Mariä) mit einem Fräulein aus Madrid verheiratet, deren Mutter noch am Leben ist, während der Vater schon das Zeitliche gesegnet hat. Die Mutter wünschte diese Ehe so sehr, daß wir sehr darüber staunen mußten. Denn in Anbetracht ihrer vornehmen Abkunft hätte dieses Mädchen eine weit bessere Verbindung eingehen können. Ihre Aussteuer ist zwar gering; allein keine von jenen, die wir in Ávila im Auge hatten, hätte ihm auch beim besten Willen so viel mitbringen können. Sie heißt Doña Orofrisia de Mendoza y Castilla und ist noch nicht fünfzehn Jahre alt, aber schön und sehr verständig. Ihre Mutter ist eine Base des Herzogs de Albuquerque und eine Nichte des Herzogs del Infantado sowie mehrerer anderer hochangesehener Herren. Kurz, sie stammt, wie man sagt, sowohl väterlicher wie mütterlicherseits aus dem höchsten Adel Spaniens. In Ávila ist sie nahe verwandt mit dem Marquis de las Navas, mit dem Marquis de Velada und vor allem mit der Gemahlin des Don Ludwig Mosén Rubi.
Man hat ihr viertausend Dukaten als Aussteuer gegeben. Don Franz schreibt mir, er sei sehr zufrieden, und dies ist die Hauptsache. Mich freut es, daß Doña Beatrix, die Mutter der jungen Frau, sehr willensstark und verständig ist; sie ist imstande, beide zu regieren, und man wird es, wie man sagt, zuwege bringen, daß sie sich mit einem mäßigen Aufwand begnügen. Doña Orofrisia hat nur einen Bruder, der Majoratsherr ist, und eine Schwester, die als Nonne in einem Kloster lebt. Hinterläßt der Majoratsherr keine Kinder, so tritt sie das Erbe an, und dies könnte wohl möglich sein.
Ich finde sonst nichts Fehlerhaftes an dieser Ehe, als daß Don Franz wenig Vermögen hat; denn sein Gut ist so verschuldet, daß ich nicht weiß, wovon er leben soll, wenn er nicht bald das erhält, was man ihm noch in Indien schuldig ist. Sorgen Sie deshalb um der Liebe Gottes willen für die Zusendung dieser Summe, damit diese beiden, nachdem Gott eine so ehrenvolle Verbindung herbeigeführt hat, wenigstens nicht an dem ihrem Stande entsprechenden Lebensunterhalt Mangel leiden müssen.
Don Franz war bisher sehr tugendhaft, und ich hoffe zu Gott, daß er auch in Zukunft so bleiben wird; er ist ein sehr guter Christ. Gott gebe, daß ich auch über Sie so günstige Nachrichten erhalte! Sie sehen schon, mein Sohn, daß alles auf Erden ein Ende nimmt; nur das Gute oder das Böse, das wir in diesem Leben vollbracht, wird ewige und endlose Folgen haben.
Petrus de Ahumada befindet sich wohl, ebenso auch meine Schwester und ihre Kinder. Diese sind jetzt in sehr große Not geraten, da sie durch den Tod meines Bruders — Gott habe ihn selig! — eine große Stütze verloren haben. Vor kurzem war Don Gonzalo, der Sohn meiner Schwester, hier. Er sowie auch andere Personen lieben Sie sehr. Sie sind aber bezüglich der hohen Meinung, die Sie von Ihrer Tugend zurückließen, auf irrigem Wege; denn ich für meine Person hätte Sie besser sehen mögen. Gebe Gott, daß Sie es jetzt sind! Seine Majestät verleihe Ihnen jene Tugend und Heiligkeit, um die ich für Sie bitte! Amen.
Sie können Ihre Briese an das Nonnenkloster in Sevilla senden; es ist dort noch dieselbe Priorin wie zu jener Zeit, als ich mich dort aufhielt. Alle Kämpfe dieses Klosters sind, Gott sei Dank, glücklich beendigt. Ich schreibe diesen Brief in unserem Kloster zu Valladolid. Die Priorin sendet Ihnen ihre Empfehlungen, und ich lasse auch alle Herren und Damen, die mit uns verwandt sind, bestens grüßen.
Theresia von Jesu
