195. Brief — An Don Alvaro de Mendoza, Bischof von Ávila, in Olmedo
Ávila, im August 1577
Dank für die Zulassung der Unterwerfung des Klosters St. Joseph unter die Jurisdiktion des Ordens. Glücklicher Erfolg der Visitation des Paters Gracián. Verwendung zugunsten des Magisters Daza.
Jhs
Die Huld des Heiligen Geistes sei allezeit mit Euerer Gnaden! Amen.
Ich habe mich jetzt von meinem Unwohlsein wieder erholt, jedoch nicht von meinem Kopfleiden; denn es quält mich beständig ein Sausen im Kopfe. Allein, da ich weiß, daß Euere Gnaden sich wohlbefinden, so will ich recht gerne noch größere Übel ertragen.
Für die huldreiche Übersendung Ihrer Briefe, die uns allen großen Trost gewähren, küsse ich Euerer Gnaden vielmals die Hand. Unsere Mütter sind zu mir gekommen und haben mir voll Freude diese Briefe gezeigt; und sie haben wahrlich Grund, sich zu freuen über eine solche Aufmerksamkeit von Ihrer Seite.
Wenn Euere Gnaden gesehen hätten, wie notwendig es war, daß die Visitation durch einen Mann vorgenommen wurde, der die Satzungen zu erklären versteht und sie auch aus der Praxis kennt, ich glaube, Sie würden sich herzlich gefreut haben. Sie würden auch noch besser erkannt haben, welch großen Dienst Sie unserem Herrn und auch dem Kloster dadurch erwiesen haben, daß Sie es nicht länger unter der Leitung eines Mannes ließen, der nicht zu entdecken vermochte, wo der böse Feind eindringen konnte, und der nicht wahrnahm, daß er sich bereits Zugang zu verschaffen begann. Allerdings geschah dies bis jetzt ohne Schuld von seiten jenes Mannes, der nur gute Absichten hatte. Für diese Gnade kann ich Gott wahrhaftig nicht genug danken.
In bezug auf die Not und den Mangel, den wir in diesem Kloster dadurch leiden werden, daß sich unser Bischof nicht mehr um unsere Angelegenheiten annimmt, wollen Euere Gnaden keine Sorge haben; denn die Klöster werden sich gegenseitig besser zu unterstützen vermögen, als wir dies von einem Bischof hoffen könnten, da wir nie mehr einen finden werden, der so große Liebe uns entgegenbringen wird wie Euere Gnaden. Was uns Schmerz bereitet, ist nur dies, daß wir auf Ihre Anwesenheit in dieser Stadt verzichten müssen.
Im übrigen scheint mir im Kloster keine Veränderung geschehen zu sein. Wir werden Ihnen ebenso untertan bleiben wie vorher; auch alle unsere Oberen werden Ihre ergebenen Diener bleiben, insbesondere Pater Gracián, dem wir, wie es scheint, die Liebe mitgeteilt haben, die wir zu Ihnen tragen. Heute habe ich ihm Ihren Brief übersendet; denn er ist eben nicht hier. Er hat sich nach Alcalá begeben, um jene Patres abzuschicken, die nach Rom reisen sollen. Die Schwestern sind sehr mit ihm zufrieden; denn er ist offenbar ein großer Diener Gottes. Da die Schwestern sehen, daß er sich in allem nach den Anordnungen Euerer Gnaden richtet, so wird ihre Zufriedenheit noch vermehrt.
Was jene Dame betrifft, von der Euere Gnaden sprechen, so werde ich mich Ihres Auftrages entledigen, sobald sich eine Gelegenheit bietet. Die Person, die mit mir über diese Sache sprach, kommt nämlich nicht für gewöhnlich in unser Haus. Soviel sich erkennen läßt, handelt es sich nicht um eine Verehelichung. Nachdem ich aber Ihren Brief gelesen, kam mir der Gedanke, ob es nicht doch so sei und ob jener Herr nicht irgendein Hindernis in den Weg zu legen suche. Ich glaube jedoch nicht, daß er sich von Menschenrücksicht bestimmen läßt; vielmehr scheint mir, daß er nur das allgemeine Wohl und die Ehre Gottes im Auge hat. Seine Majestät wolle alles zu ihrer größeren Ehre gereichen lassen! Jetzt aber liegen die Dinge so, daß Euere Gnaden, wenn auch wider Ihren Willen, sich damit beschäftigen müssen. Es ist für mich ein großer Trost, an Euere Gnaden eine solche Herrschaft über sich selbst zu gewahren, daß Sie darüber nicht mehr in Verwirrung geraten. Überlegen Sie, ob es nicht gut wäre, die Äbtissin davon in Kenntnis zu setzen und jenen Personen, die sich daran beteiligen, zu zeigen, daß Ihnen ihr Vorgehen mißfalle. Vielleicht könnte durch dieses Mittel irgendein gutes Resultat erzielt werden; ich kann Sie versichern, daß mir die Sache dringend empfohlen worden ist.
Bezüglich des Bittgesuches des Magisters Daza kann ich Ihnen nur sagen, daß es mein inniger Wunsch wäre, Euere Gnaden möchten etwas für ihn tun. Ich weiß, daß er Ihnen ganz ergeben ist, und ich wäre hocherfreut, wenn Sie ihm auch nur eine ganz geringfügige Gefälligkeit erweisen würden. Er liebt Sie, wie er mir gesteht, so sehr, daß er jedes Bittgesuch unterlassen würde, wenn er sich denken könnte, Ihnen dadurch einen Verdruß zu bereiten. In diesem Falle wird er Ihnen nicht nur mit derselben Treue dienen, sondern sich auch hüten, etwas davon zu erwähnen, daß Euere Gnaden ihm eine Gunst erweisen sollten. Indessen empfindet er es bei seiner großen Liebe zu Ihnen doch in etwa und fühlt sich etwas unglücklich, wenn er sehen muß, daß Sie anderen schon so viele Gnaden erwiesen haben und noch erweisen.
Bezüglich eines Kanonikates schrieb er selbst an Euere Gnaden. Wenn er nur die Versicherung erhält, daß Sie ihm, wenn noch vor Ihrem Abzuge eine Stelle frei wird, diese gnädig zukommen lassen werden, so ist er schon zufrieden. Auch mich würde dies freuen, und ich glaube, daß dies von Gott und den Menschen gebilligt würde. Euere Gnaden sind ihm das in der Tat schuldig. Möge Gott irgendeinen günstigen Zufall herbeiführen, damit Euere Gnaden die ganze Welt zufriedenstellen können! Ist auch die Stelle geringer als ein Kanonikat, so wird er sie doch, wie ich glaube, sehr gerne annehmen.
Schließlich aber tragen doch nicht alle eine so uneigennützige Liebe zu Euerer Gnaden wie die unbeschuhten Karmelitinnen; denn wir verlangen nichts anderes, als daß Sie uns lieben und daß Gott Sie uns noch viele Jahre erhalte. Mein Bruder, der eben im Sprechzimmer ist, teilt mit uns dieselbe Liebe für Sie. Er küßt Ihnen vielmals die Hand und die [kleine] Theresia die Füße.
Es hat uns alle sehr betrübt, daß Euere Gnaden uns aufs neue aufgetragen haben, Sie Gott zu empfehlen. Dies hätte sich von selbst verstanden, so daß Euere Gnaden durch Ihre Mahnung uns in etwa beleidigten.
Man drängt mich setzt, diesen Brief abzugeben, weshalb ich mich nicht weiter verbreiten kann. Ich wiederhole nur, daß nach meinem Dafürhalten Magister Daza zufrieden sein wird, wenn Euere Gnaden ihm die erste freie Stelle versprechen.
Euerer Gnaden unwürdige Dienerin und Untergebene
Theresia von Jesu
Anschrift: An den sehr erlauchten, Hochwürdigsten Herrn, Don Alvaro de Mendoza, Bischof von Ávila, meinen Gebieter, in Olmedo.
