226. Brief — An die Mutter Maria vom heiligen Joseph, Priorin in Sevilla
Ávila, am 28. März 1578
Einige Aufträge an diese Priorin und Verhaltungsmaßregeln in bezug auf die Leitung des Klosters.
Jesus sei mit Ihnen, meine Tochter, und verleihe Ihnen und allen Ihren Töchtern so gute Osterfeiertage, wie ich ihn darum bitte!
Es war für mich ein großer Trost, zu erfahren, daß Sie alle gesund sind. Mein Befinden ist wie gewöhnlich; mit meinem Arm steht es sehr schlimm und mit meinem Kopfleiden ebenso; ich weiß selbst nicht, welches Offizium man betet. Dieser Zustand muß wohl für mich der beste sein.
Es wäre ein großer Trost für mich, so viel Gesundheit zu haben, um Ihnen einen langen Brief schreiben und Ihnen und allen Ihren Töchtern die Beweise meiner innigsten Liebe entgegenbringen zu können. Grüßen Sie mir alle aufs beste, besonders die Schwester [Elisabeth] vom heiligen Franziskus, deren Briefe uns sehr große Freude bereiteten. Glauben Sie es mir, die Zeit, während der sie Priorin war, hat sie ermutigt, sich öffentlich zu zeigen. O mein Jesus, welch eine Vereinsamung ist es für mich, so weit von Ihnen entfernt zu sein! Möge uns Gott alle in jener Ewigkeit vereinigen! Dieser Gedanke tröstet mich, wenn ich sehe, daß alles hienieden sobald zu Ende geht.
Ihre Bemerkung betreffs der Fehler, die Sie an den Schwestern des Paters Bartholomäus gewahren, finde ich für sehr gut. Könnte man auch mit ihrer Aussteuer das Haus vollständig bezahlen, so blieben sie doch für das Kloster eine unerträgliche Last. Wenn es ihnen an Verstand fehlt, so nehmen Sie dieselben für keinen Fall auf! Es wäre dies ein Verstoß gegen die Satzungen, und dieses Übel ist unheilbar. Die andere Kandidatin, von der Sie sprechen, ist noch zu jung, da sie erst dreizehn Jahre alt ist; in diesem Alter sind die Mädchen allzusehr veränderlich. Sehen Sie selbst, was zu tun ist! Seien Sie überzeugt, daß ich in allem nur das Wohl des Klosters im Auge habe.
Damit ich es nicht vergesse, will ich hier bemerken, daß es mir nicht lieb ist, wenn die Schwestern aufzeichnen, was sie im Gebete erfahren. Es führt das zu vielen Mißständen, über die ich mit Ihnen sprechen möchte. Seien Sie überzeugt, wenn dies auch nichts anderes wäre als Zeitverlust, so würde es schon genügen; allein die Seele wird dadurch auch in der Freiheit des Geistes gehemmt. Es können dabei vielerlei Vorspiegelungen zutage treten. Wenn ich mich daran erinnere, werde ich mit unserem Vater darüber sprechen; sollte ich es aber vergessen, so reden Sie mit ihm! Sind es Dinge von Bedeutung, die man im Gebete erfährt, so vergißt man sie niemals; vergißt man sie aber doch, so ist es nicht mehr notwendig, davon zu sprechen. Wenn die Schwestern unseren Vater sehen, so wird es genügen, ihm das zu sagen, woran sie sich erinnern. Sie wandeln, soweit ich es erkenne, auf sicherem Wege; und wenn ihnen etwas nachteilig sein kann, so ist der Grund der, weil sie zuviel Gewicht auf das legen, was sie im Gebete schauen oder vernehmen. Haben die Schwestern nur Gewissensskrupel, so können sie diese Euerer Ehrwürden eröffnen; denn ich halte Sie für eine Oberin, der Gott die notwendige Erleuchtung zur Leitung der Nonnen geben wird, vorausgesetzt, daß sie Vertrauen zu Ihnen haben. Ich kenne die Nachteile, die das Nachsinnen über das, was man aufschreiben will, mit sich bringt, und weiß, was der Teufel alles vorspiegeln kann. Darum bin ich so entschieden dagegen. Kommt etwas sehr Wichtiges vor, so können Euere Ehrwürden selbst es aufschreiben, ohne daß die Schwestern es erfahren. Hätte ich auf die Mitteilungen der Schwester Elisabeth vom heiligen Hieronymus etwas gegeben, so wäre ich mit ihr niemals fertig geworden. Wenn mir auch einiges von dem, was sie mir mitteilte, gewiß erschien, so ging ich doch nicht weiter darauf ein. Glauben Sie es mir, das beste ist, den Herrn zu lobpreisen für das, was er gibt, und demütig zu sein, wenn er seine Gunstbezeigungen zurückzieht; dann wird die Seele gewiß daraus Nutzen ziehen.
Was Sie mir von der Schwester vom heiligen Elias berichten, ist gut; da ich aber nicht so gelehrt bin wie sie, so weiß ich nicht, was diese Assyrier bedeuten, von denen sie spricht. Empfehlen Sie mich ihr vielmals, denn ich habe sie sehr gern; ebenso der Beatrix und ihrer Mutter. Ich habe eine große Freude, wenn Sie mir von dieser erzählen und von allen Schwestern Gutes berichten. Gott verzeihe diesen Brüdern, die uns solche Leiden bereiten!
Es ist nicht notwendig, daß Sie in Sevilla alles glauben, was man über unsere Angelegenheiten sagt; denn hier gibt man uns bessere Hoffnungen. Wir freuen uns dessen, wenn auch im Dunkel, wie die Mutter Elisabeth vom heiligen Franziskus sagt.
Nebst den Schmerzen meines Armes habe ich seit einigen Tagen wieder bedeutendes Herzleiden. Senden Sie mir etwas Orangenblütenwasser, aber sorgen Sie dafür, daß das Gefäß, in dem Sie es schicken, auf dem Wege nicht zerbricht. Weil ich dies befürchtete, habe ich nicht schon früher darum gebeten. Das Engelwasser war so kostbar, daß ich Bedenken trug, es für mich zu benützen; ich verwendete es deshalb für die Kirche, und hier hat es zur Verherrlichung des Festes des glorreichen heiligen Joseph gedient.
Wollen Sie, bitte, dem Prior de las Cuevas meine herzlichsten Grüße entrichten; denn ich trage eine große Liebe zu diesem heiligen Mann. Grüßen Sie mir ebenso den Pater García Alvarez und meine Gabriela, [sicher hat auch unsere Mutter einen Grund, sie »ihre« Gabriela zu nennen]. Da könnte fast Eifersucht entstehen, wenn unsere Liebe nicht derart wäre, daß wir sie im Herrn liebten, und wenn wir nicht wüßten, daß alle Liebe die wir Euerer Ehrwürden und Ihren Töchtern erzeigen, gut angewendet ist. Aber wo denkt denn die Mutter Elisabeth vom heiligen Franziskus hin, wenn sie sich Mühe gibt, uns darüber aufzuklären? Wäre diese auch zu keinem anderen Zwecke nach Sevilla gekommen, als um Euere Ehrwürden und alle dortigen Schwestern bis in die Wolken zu erheben, so hätte sie ihre Aufgabe vollkommen gelöst. Übrigens werden Sie, meine Mutter, wo Sie sich auch immer befinden, durch Ihre eigene Tugend gelobt. Gepriesen sei der Herr, der Ihnen so viele Fähigkeiten und dazu die Gnade verliehen hat, sie gut anzuwenden!
Ich empfehle mich dem Gebete der Mutter Elisabeth vom heiligen Franziskus — mehr vermag ich nicht — sowie dem Gebete aller anderen Nonnen, insbesondere der Schwester vom heiligen Hieronymus. Theresia empfiehlt sich dem Gebete Euerer Ehrwürden. Der Herr Laurentius de Cepeda befindet sich wohl. Gebe Gott, daß Sie, meine Mutter, diesen Brief lesen können! Denn der Schreibapparat ist schlecht, und überdies hatte ich große Eile. Welche Mühe werden Sie dabei haben!
Heute ist Karfreitag.
Senden Sie mir von dem Orangenblütenwasser vorerst nur ganz wenig; ich will erst sehen, wie es ankommt.
Euerer Ehrwürden
Theresia von Jesu
»Das Folgende schreibt die Sekretärin Elisabeth vom heiligen Paulus, Ihre und des ganzen Klosters Dienerin. Eben erinnere ich mich, meine Mutter, gehört zu haben, daß Sie in Sevilla sehr große und schöne Bilder auf Papier haben, die Julian de Ávila sehr lobte. Unsere Mutter sagt mir, ich sollte Euere Ehrwürden um ein Bild des heiligen Paulus bitten. Senden Sie mir also ein recht hübsches und verzeihen Sie mir diese Freiheit! Dieses Bild soll aber derart sein, daß sein Anblick mir Freude macht.«
