48. Brief — An Pater Ordóñez aus der Gesellschaft Jesu in Medina del Campo
Ávila, Kloster der Menschwerdung, am 27. Juli 1573
Gründung einer Erziehungsanstalt für adelige Mädchen zu Medina del Campo.
Jhs
Die Gnade des Heiligen Geistes sei mit Ihnen!
Ich wünschte mir viele Zeit und Gesundheit, um Ihnen einiges mitteilen zu können, was mir wichtig zu sein scheint. Ich befinde mich aber seit der Abreise des jungen Mannes ohne Vergleich noch schlechter als vorher, so daß es keine geringe Anstrengung ist, wenn ich diesen Brief schreibe. Auch fühle ich mich so unbehilflich, daß ich gewiß recht weitläufig sein werde, wie sehr ich mir auch vornehmen mag, mich kurz zu fassen. Der Aufenthalt in diesem Kloster der Menschwerdung ist meiner Gesundheit offenbar sehr nachteilig. Gott gebe, daß ich mir dadurch einiges Verdienst erwerbe!
Je mehr unsere Angelegenheit dem Ende entgegenzugehen scheint, desto mehr Sorge macht sie mir, insbesondere, seitdem ich heute den Brief des Paters Visitator zu Gesichte bekam, der die Sache dem Pater Magister Dominikus und mir übergibt. Er schreibt ihm nämlich, er übertrage uns hiezu seine Vollmacht. Ich bin aber immer in Angst, wenn ich in einer Sache entscheiden soll; denn da meine ich gleich, es sei alles verfehlt. Indessen habe ich es zuvor dem Herrn empfohlen, und hier haben die Schwestern dasselbe getan.
Ich glaube, mein Vater, wir müssen alle Übelstände, die sich ergeben könnten, wohl ins Auge fassen; denn wenn es schlimm ausgeht, dann wird, zweifeln Sie nicht daran, Gott und die Welt uns die Schuld geben. Achten Sie daher nicht darauf, ob die Sache vierzehn Tage früher oder später zum Abschluß kommt. Was Sie mir in Ihrem Briefe sagen, daß nämlich die Priorin nur bei diesen zwei Angelegenheiten beteiligt sein soll, hat mich sehr befriedigt; denn glauben Sie mir, es gehört viel dazu, es so einzurichten, daß durch das Zustandekommen eines guten Werkes nicht ein anderes leide, wie Sie selbst sagen.
Daß es so viele sein sollen, wie Euere Hochwürden mir sagen, war mir immer unangenehm; denn nach meiner Ansicht ist zwischen dem Unterrichte und der Belehrung vieler Mädchen, die zusammen leben, und dem Unterrichte der Knaben ein Unterschied wie zwischen Schwarz und Weiß. Bei einer so großen Anzahl gibt es der Übelstände, die eine ersprießliche Wirksamkeit hindern, so viele, daß ich sie jetzt unmöglich aufzählen kann. Ich sage indessen nur, daß die Zahl der Mädchen bestimmt sein müsse, und würde die Zahl vierzig überschritten, so wären ihrer zu viele, und es gäbe nur Wirrwarr. Die einen würden den anderen hinderlich sein, so daß nichts Gutes zustande käme. In Toledo sind, wie man mir berichtet hat, fünfunddreißig, und mehr dürfen es dort nicht sein. Ich versichere Euere Hochwürden, daß man durchaus nicht zulassen solle, so viele Mädchen aufzunehmen, die so großen Lärm machen. Wollen wegen dieser Beschränkung einige kein Almosen geben, so lassen Sie sich deshalb nicht beirren; gehen Sie langsam voran. Es hat keine Eile. Errichten Sie trotzdem Ihre fromme Genossenschaft! Gott wird helfen, und wegen des Almosens dürfen wir die Sache nicht aufgeben.
Ebenso wird es notwendig sein, daß bei der Auswahl derer, die eintreten wollen, nebst der Priorin immer noch zwei andere ihr Gutachten abgeben. Darauf muß genau geachtet werden. Wenn der Prior von St. Andreas und einer der Verwalter oder alle beide sich dazu herbeilassen wollten, so wäre es gut. Diese könnten wohl auch die Rechnungen über die Ausgaben übernehmen; denn die Priorin soll, wie ich gleich anfangs gesagt habe, nichts damit zu schaffen haben und davon weder etwas sehen noch hören. Es müßte auch Rücksicht genommen werden auf die Eigenschaften der Eintretenden und auf das erforderliche Alter. Dies werden Euere Hochwürden mit dem Pater Magister überlegen. Außerdem soll alles hieher Bezügliche mit dem Pater Provinzial der Gesellschaft Jesu und mit Pater Balthasar Alvarez beraten werden.
Noch vieles andere wird zu beachten sein. Einiges haben wir schon besprochen, als ich in Medina war, insbesondere, daß die Zöglinge nicht ausgehen dürfen. Was mir aber von der größten Wichtigkeit scheint, das sind die zwei ersten Punkte; denn ich weiß aus Erfahrung, was es um das Zusammenleben vieler Frauenspersonen ist. Gott bewahre uns!
Wie mir, wenn ich nicht irre, die Priorin schreibt, sind Euere Hochwürden der Meinung, man solle die Jahresrente der Doña Hieronyma jetzt nicht einlösen. Bedenken Sie aber, daß sie nicht eintreten kann und ich die Erlaubnis zu ihrer Aufnahme nicht geben darf, es sei denn, daß die Rente zuvor eingelöst ist oder daß Doña Helene sie auf ihr Vermögen in der Weise übernehmen will, daß das Kloster durch den Bezug der Einkünfte keine Auslagen hat, sondern frei bleibt. Denn wie ich höre, hat der Pater Provinzial nur unter dieser Bedingung die Erlaubnis gegeben, und eine andere Handlungsweise wäre nach meiner Auffassung Betrug. Kurz, ich kann nicht darauf eingehen. Ich sehe wohl ein, daß dies alles für Doña Helene eine große Last ist; deshalb suche man einen Ausweg. Entweder setze man mit dem Bau der Kirche aus oder Doña Hieronyma verzögere ihren Eintritt. Letzteres wird das beste sein, denn so erlangt sie auch ein reiferes Alter.
Es kommt mir hier der Gedanke, daß man sich nicht zu sehr auf ein Fundament stützen soll, das so leicht einfallen kann, denn wir wissen ja nicht, ob diese Dame ausharren wird. Überlegen Euere Hochwürden dies alles wohl. Es ist besser, wenn das Werk erst in einigen Jahren zustande kommt und dauerhaft ist, als wenn man etwas unternimmt, was den Leuten Anlaß zum Lachen gibt, daran wäre indessen wenig gelegen, wenn nicht die Tugend verächtlich gemacht würde. Nehmen wir zu diesem Ausweg unsere Zuflucht, so müssen wir auch daran denken, wie die Sache versichert werde, denn jetzt haben wir, wie mir scheint, noch gar keinen festen Anhaltspunkt, und der Pater Visitator könnte uns fragen, worauf wir uns bei Ausfertigung der Urkunden stützen wollen. Von all dem wäre ich frei geblieben, wenn der Pater Visitator sich darum angenommen hätte. Jetzt muß ich mich der Sache annehmen, obgleich mir dazu die Befähigung fehlt.
Ich bitte Euere Hochwürden demütig, mich dem Herrn Asensio Galiano vielmals zu empfehlen und ihm diesen Brief lesen zu lassen. Er war mir immer in jeder Hinsicht wohlgeneigt, und es hat mich sehr gefreut, daß meine Briefe sicher befördert wurden. Meine schlechte Gesundheit ist mir Anlaß zu vielen Fehlern. Anna vom heiligen Petrus hängt zu sehr an ihren Töchtern, als daß sie diese dorthin schicken möchte. Es kommt ihr dies auch gar nicht in den Sinn. Übermorgen werde ich abreisen, wenn mich nicht wieder aufs neue ein Übel befällt. Es müßte indessen schon etwas Bedeutendes sein, wenn es mich aufhalten soll. Alle Briefe sind schon in St. Ägidius abgegeben worden, es ist aber noch keine Antwort erfolgt; morgen, Dienstag, wird man sie zu erhalten suchen. In die Gebete meines Paters Rektor empfehle ich mich sehr.
Euerer Hochwürden unwürdige Dienerin und Tochter
Theresia von Jesu
Anschrift: An den Hochherrlichen Hochw. Herrn Pater Ordóñez aus der Gesellschaft Jesu, meinen Gebieter.
