189. Brief — An den Lizentiaten Kaspar de Villanueva, Kaplan der Nonnen zu Malagón
Toledo, im Juli 1577
Uneinigkeiten im Kloster zu Malagón. Die Schwestern Beatrix und Anna von Jesu.
Jhs
Die Gnade des Heiligen Geistes sei mit Ihnen!
Ihre Briefe haben mich sehr betrübt. Denn der Gedanke, daß es in einem unserer Klöster schlimmer stehe, als bei den beschuhten Nonnen in Andalusien, ist mir unerträglich. Mit diesem Kloster in Malagón hatte ich wenig Glück. Ich sehe nicht ein, was denn die Vorsteherin den Schwestern Übles zufügt, daß sie sich so gebärden, wie Sie in dem Briefe an die Mutter Priorin berichten. Das, was ihnen ein Oberer wie unser Vater gesagt hatte, hätte genügen sollen, um die Ruhe unter ihnen herzustellen. Nun zeigen aber diese Nonnen, wie wenig Verstand sie haben. Ich kann indessen nicht umhin, einen Teil der Schuld Ihnen zuzuschreiben, da ich weiß, wieviel Autorität Sie über die Nonnen haben. Hätten Sie gehandelt wie damals, als die Nonnen sich über die Mutter Brianda beschwerten, so würden sie sich jetzt anders benehmen. Was diese Nonnen durch ihr Betragen gewinnen, besteht darin, daß sie ihre bisherige Priorin, selbst wenn ihr Gott wieder die Gesundheit schenkt, nie mehr sehen werden und fortan auch auf Ihre Leitung verzichten müssen. So vergilt Gott denen, die ihm schlecht dienen. Sie werden sehen, welchen Ausgang es mit diesen widerspenstigen Nonnen nehmen wird, die mir beständig das Leben verbittern. Ich bitte Sie, dies der Schwester Beatrix in meinem Namen sagen zu wollen. Ich bin so unzufrieden mit ihr, daß ich nicht einmal ihren Namen hören will. Ferner bitte ich, ihr zu sagen, daß sie es schwer wird büßen müssen, wenn ich erfahre, daß sie sich untersteht, der Vorsteherin sich zu widersetzen oder sich in die Leitung des Hauses zu mischen.
Leiten Sie doch um der Liebe Gottes willen diese Nonnen, wie Sie es bisher immer getan, und belehren Sie dieselben, daß sie in der Vereinigung mit Gott leben sollen und kein so widerspenstiges Wesen an den Tag legen dürfen, wenn sie im Frieden bleiben wollen. Fürchten Sie etwa, daß es noch mehrere von der Art gibt wie Anna von Jesu? Aber ich kann Sie versichern, daß ich die Nonnen lieber in einem so traurigen Zustande sehen würde, in dem jene Schwester sich befand, als sie ungehorsam zu wissen. Denn an einer Nonne eine Beleidigung Gottes ertragen zu müssen, dazu reicht meine Geduld nicht hin, während mir zu allem anderen, wie mir scheint, der Herr große Geduld verliehen hat.
Ich gebe zu, daß Anna von Jesu kommunizieren kann; denn es ist gewiß sicher, daß man sie mit Sorgfalt geprüft hat. Aber da sie kommunizieren konnte, so wünsche ich, daß sie jetzt einen Monat lang sich davon enthalte. Wir werden dann sehen, wie es ihr geht. In dieser Beziehung entscheide ich mich für das, was die Mutter Priorin Ihnen schreibt. Man hat ganz und gar unrecht gehandelt, daß man Sie über den Zustand dieser Nonne nicht aufgeklärt hat. Da Sie diese aber nicht vollkommen kannten, so sind Sie ganz vernünftig zu Werke gegangen, daß Sie ihr die Kommunion reichten.
Für den Pfarrer bin ich in Furcht, wenn Pater Franz fortkommt; denn der Pater Provinzial will nicht, daß die Nonnen immer nur bei einem Beichtvater beichten, und ich bin derselben Ansicht. Ich habe Ihnen schon gesagt, daß mir der häufige Verkehr der Nonnen mit dem Beichtvater mißfällt; ich werde darüber Anordnungen treffen, da man in diesem Punkte recht vorsichtig sein muß.
Als mir vor einiger Zeit die Vorsteherin eine gewisse Angelegenheit berichten, schrieb sie mir auch, daß Sie sich gegen sie nicht besonders freundlich benehmen. Sie würden, wie sie mir zu verstehen gab, der Meinung sein, daß sie Ihnen gegenüber nicht mehr aufrichtig sei. Würde dies der Fall sein, so wäre das in meinen Augen ein großer Fehler von ihr. Ich schreibe ihr über diesen Punkt sowie auch über andere Angelegenheiten, aber so, daß sie nicht vermuten kann, ich sei darüber aufgeklärt worden. Es wäre gut, wenn Sie offen mit ihr reden und sich über ihr Benehmen der Anna von Jesu gegenüber beklagen würden. Zerhauen Sie den Knoten nicht, den der Teufel zu knüpfen begonnen hat, so wird es immer ärger werden, und es wird Ihnen unmöglich sein, die so notwendige Seelenruhe zu bewahren. So leid es mir auch tun würde, wenn Sie dem Kloster Ihre Leitung entzögen, so sehe ich doch sehr wohl ein, daß Sie mehr für Ihren inneren Frieden zu sorgen verpflichtet sind, als mir eine Gefälligkeit zu erweisen. Der Herr verleihe Ihnen diesen Seelenfrieden, da er es vermag! Amen.
Entrichten Sie den dortigen Herrschaften meine Empfehlungen!
Man sagt mir, daß die Vollmachten unseres Vaters durch den Tod des Nuntius nicht erloschen seien, sondern daß er immer noch Visitator bleibe. Es tut mir das in gewisser Hinsicht sehr leid.
Ihre unwürdige Dienerin
Theresia von Jesu
Anschrift: An den Hochherrlichen, Hochwürdigen Herrn Lizentiaten Villanueva.
