350. Brief — An die Mutter Maria vom heiligen Joseph, Priorin in Sevilla
Palencia, am 6. Januar 1581
Auftrag betreffs einer Angelegenheit in Salamanka. Die Predigten des Paters Gracián. Die Schuld von 200 Dukaten. Nachrichten über Palencia. Empfehlungen.
Jhs
Die Gnade des Heiligen Geistes sei mit Euerer Ehrwürden,
meine Tochter! Amen.
Sie erweisen mir einen großen Liebesdienst durch die Übersendung Ihrer Briefe, die ich alle vor meiner Abreise von Valladolid beantwortet habe; auch die Verfügung betreffs der Angelegenheit in Salamanka habe ich Ihnen geschickt, und ich denke, Sie werden sie schon erhalten haben, bis dieser Brief ankommt. Wir haben jene große Sorgfalt nötig, die Sie anwenden, damit die Antwort rechtzeitig ankommt. Gott füge es, wie er es für notwendig erachtet, und verleihe Ihnen jene Gesundheit, die ich Ihnen wünsche! Es ist nicht schön von Ihnen, daß Sie mir in Ihrem letzten Briefe gar nichts über Ihr Befinden mitteilten; Sie wissen doch, wie sehr ich in dieser Hinsicht bekümmert bin. Gott gebe, daß Ihr Zustand sich gebessert hat!
Wir haben herzlich über das lachen müssen, was jene alten Frauen von Sevilla über unseren Vater sagen, und ich danke für das Gute, das er durch seine Predigten und seinen heiligen Wandel wirkt. Seine Heiligkeit ist so groß, daß ich mich über den Erfolg nicht wundere, den sie in jenen Seelen zeitigte. Schreiben mir Euere Ehrwürden hierüber das Nähere; denn es wird mir große Freude bereiten, davon Kenntnis zu nehmen! Gott erhalte ihn uns, denn wir bedürfen seiner! Darum haben Sie ganz recht, wenn Sie sagen, er solle sich in seinen Predigten etwas mehr mäßigen. Da er so oft predigt, könnte ihm diese Anstrengung schaden.
Es wird eine große Freude für mich sein, wenn ich die zweihundert Dukaten erhalte, deren Übersendung Sie mir ankündigen. Wir werden dann das Werk in Angriff nehmen können, dessen Ausführung mein Bruder — Gott habe ihn selig — testamentarisch angeordnet hat. Schicken Sie aber das Geld nicht an Casademonte, und adressieren Sie es auch nicht an Pater Nikolaus; denn er könnte — es sei dies nur unter uns gesagt — in Pastrana zu etwas anderem verwenden und mich leer ausgehen lassen. Schicken Sie es nach Medina del Campo; dort haben die Schwestern einen bekannten Kaufmann, dem man die Vollmacht, es in Empfang zu nehmen, geben muß. Durch diesen kommt das Geld weit sicherer an, ohne daß uns dadurch Unkosten erwachsen. Sie können es aber auch nach Valladolid senden oder mir, bevor Sie es absenden, schreiben, damit ich Ihnen Anweisung gebe, auf welchem Wege es an mich kommen soll.
Ich fühle mich ziemlich wohl, allein die vielen Besuche nehmen mich so in Anspruch, daß ich, wenn ich auch wollte, diesen Brief nicht mit eigener Hand schreiben könnte. Anbei sende ich Ihnen auch den Bericht über die Vorgänge bei dieser Klosterstiftung. Wenn ich bedenke, was sich dabei zugetragen, und die Liebe, den guten Willen und die Freude sehe, die die Einwohner dieser Stadt an den Tag legen, so stimmt mich dieses zum Lobpreise Gottes. Ihm sei Dank dafür gesagt! Auch alle Schwestern mögen ihm danken für die Gnade, die er uns erwiesen hat! Entrichten Sie an alle meine besten Empfehlungen! Die Schwestern dieses Klosters empfehlen sich in Ihre Gebete, besonders die Sekretärin, die innige Freude darüber empfindet, daß Sie ihr so geneigt sind, weil sie daraus entnimmt, daß Sie dieselbe Gott empfehlen; denn sie bedarf dessen sehr.
Unserem Vater habe ich den Grund geschrieben, warum ich wünsche, daß dieses Geld in meine und nicht in andere Hände komme: Mir sind seit dem Tode meines Bruders meine Verwandten so lästig geworden, daß ich jeden Streit mit ihnen vermeiden möchte. Was mir unser Vater über die Teuerung in dortiger Gegend geschrieben hat, geht mir wirklich recht zu Herzen; denn ich weiß nicht, wie die Schwestern bestehen können. Auch tut es mir leid, daß Sie gerade jetzt das Geld erlegen müssen, und es wäre mir lieber, wenn Sie es wieder zurückbekämen. Möge Gott hier Hilfe schaffen und Ihnen die Gesundheit verleihen! Denn mit dieser läßt sich alles leicht ertragen. Daß ich Sie aber so kränklich und zudem in so großer Not sehen muß, betrübt mich sehr. Ich fürchte immer, das heiße Klima jener Gegend sei für Sie schädlich; allein ich weiß keinen Ausweg, wie Sie von dort wieder fortkommen könnten. Der Herr wolle alles zu Ihrem Besten lenken! Sie haben ihn um Leiden gebeten, und er hat Ihr Gebet wohl erhört.
Sagen Sie der Schwester vom heiligen Franziskus, es sei mir noch gar nie in den Sinn gekommen, ihr böse zu sein; vielmehr sei ich ihr so gut gesinnt, daß es mir schwerfalle, so weit von ihr entfernt leben zu müssen! Allen Schwestern und besonders der Mutter Subpriorin empfehle ich mich recht sehr. Gott sei mit Ihnen! Mein Kopfleiden zwingt mich, kurz zu sein, obwohl es mir nicht an Stoff fehlen würde, Sie auszuzanken. Was Sie dem Pater Nikolaus gesagt haben, hat mir sehr gefallen. Einerseits sehe ich wohl ein, wie notwendig es wäre, daß Sie noch mehrere Nonnen aufnähmen, andererseits weiß man aus der Erfahrung, die man hier in Kastilien gemacht hat, wie beschwerlich es ist und wie viele Unannehmlichkeiten es mit sich bringt, wenn einmal die kleine Zahl überschritten wird. Gott möge Ihnen eine Nonne zuführen, die der Verstorbenen ähnlich ist! Dadurch wäre allem abgeholfen. Der Herr erhalte Sie mir!
Heute ist das Fest der Heiligen Drei Könige.
Die Briefe nach Indien habe ich mit der letzten Post abgesendet. Man teilte mir mit, Pater García de Toledo, an den die Briefe adressiert sind, komme wieder nach Spanien zurück. Darum müssen Sie das Paket einer anderen Person jenes Landes übergeben für den Fall, daß Ludwig de Tapia, an den die Briefe gleichfalls adressiert sind, gestorben wäre.
Euerer Ehrwürden Dienerin
Theresia von Jesu
