308. Brief — An Pater Nikolaus von Jesu Maria in Sevilla
Malagón, am 13. Januar 1580
Verlust einiger Briefe. Angelegenheiten des Klosters in Sevilla. Zahlung an Casademonte. Plan einer Klostergründung in Villanueva. Verschiedene Ratschläge.
Jhs
Die Gnade des Heiligen Geistes sei mit Euerer Hochwürden!
Vor drei oder vier Tagen habe ich Ihren Brief, datiert vom 30. Dezember, und vorher jene erhalten, die Serrano brachte. Die letzteren habe ich sehr ausführlich beantwortet; auch an die Mutter Priorin sowie an Rodrigo Alvarez habe ich geschrieben. Ich habe alle diese Briefe dem Serrano übergeben und ihm deren Besorgung sehr ans Herz gelegt. Nachher wurde mir mitgeteilt, daß sie dem Eilboten gewiß übergeben worden seien. Außerdem habe ich seit meiner Ankunft in Malagón noch zwei Briefe an Euere Hochwürden geschrieben, die ich an Herrn Doria nach Toledo sandte, damit er diese an Sie befördere. Es hat mich wirklich verdrossen, als man mir mitteilte, daß alle diese Briefe verlorengegangen seien. Gebe Gott, daß es mit diesem nicht auch so gehe! Ich sende ihn Ihnen durch Velasko.
Euere Hochwürden berufen sich in allem auf die Mutter Priorin von Sevilla, und diese sagt mir kein Wort. Wenn sie nur wenigstens gesund ist; im übrigen werden Euere Hochwürden wohl alles in Ordnung gebracht haben, besonders da Sie einen so guten Verwalter zur Seite hatten. Was doch die Liebe alles vermag! Dieser Mann läßt es sich sehr angelegen sein, für diese Armen Sorge zu tragen. Ich empfehle mich recht angelegentlich in seine Gebete. Warum sagen mir denn Euere Hochwürden gar nichts von unserer Lukretia? Größen Sie sie in meinem Namen recht freundlich!
Um es nicht zu vergessen, will ich hier bemerken, daß die Priorin von Veas dem Casademonte sagen ließ, sie habe die 100 Dukaten bereit und lasse ihn fragen, wohin sie diese schicken solle. Er gab ihr den Auftrag, sie nach Madrid zu senden. Ich habe Ihnen davon schon in einem anderen Briefe geschrieben. Sie dürfen also in dieser Hinsicht keine Sorge haben!
Glauben Sie es mir, dieser Ort hier ist so abgelegen, daß Sie nicht erwarten dürfen, ich könnte Sie über die Angelegenheiten so auf dem laufenden halten, als ob ich in Sevilla wäre; dort konnte es zum wenigsten weit besser geschehen. Aber hier in Malagón gibt es nur Botengelegenheiten nach Toledo, und diese nur sehr selten; dazu gehen, wie ich sehe, auf diesem Wege die Briefe verloren. Ich bemerke dies aus dem Grunde, weil Sie schreiben, ich möchte Ihnen mitteilen, wann Sie kommen sollten, und Ihnen berichten, was sich zugetragen. Dem Velasko habe ich geschrieben, daß man in keiner Weise auf mich rechnen könne, solange ich in Malagón sei.
Wenn Euere Hochwürden noch lange in Sevilla bleiben, so könnte es leicht sein, daß Sie mich hier nicht mehr treffen; denn es wird, soviel ich glaube, die Stiftung in Villanueva nahe bei la Roda vorgenommen werden, wohin ich mich mit den Nonnen möglicherweise begeben werde. Wenn meine Anwesenheit für irgendeine Stiftung notwendig war, so ist sie es gewiß für diese. Pater Antonius von Jesu und der Pater Prior von la Roda bestürmen und drängen mich schon seit langem derart zu dieser Stiftung, daß ich nicht umhin kann, ihren Bitten zu willfahren. Ohne Zweifel muß dies der Wille unseres Herrn sein. Ich weiß es indessen noch nicht gewiß, ob ich mitgehen werde; ist dies der Fall, dann werde ich noch vor der Fastenzeit abreisen. Es würde mir aber leid tun, wenn ich nicht mehr zuvor mit Ihnen sprechen könnte; denn ich glaubte immer, diesen Trost noch in Malagón zu haben.
Über meine Gesundheit habe ich nicht zu klagen. Auch in Hinsicht auf das hiesige Kloster geht alles so vortrefflich, daß ich Gott für seine Fügung, der gemäß ich hierher gekommen bin, nicht genug danken kann. In bezug auf die geistlichen Angelegenheiten steht es sehr gut; die Schwestern leben sehr ruhig und friedlich beisammen. Auch in zeitlicher Hinsicht wird allmählich wieder alles gut gemacht, was verdorben war. Gott sei gepriesen für alles!
Was Sie mir von unserem wohlehrwürdigen Pater General sagten, hat mich so erfreut, daß ich wünschte, es wäre schon geschehen. Ich habe es darum auch dem Herrn Velasko und dem Einsiedler in der Höhle geschrieben. Nun habe ich ein Bedenken, es möchte ein Zweifel darüber entstehen, ob diese Amtseinsetzung bleibende Geltung haben werde oder nicht. Es waren nämlich nach dem Tode des Nuntius die Meinungen geteilt, ob die Vollmachten eines Kommissärs, die er dem Pater Gracián übertragen hatte, noch in Kraft bestünden oder nicht; wir sehen uns deshalb in viele Streitigkeiten verwickelt. Es wird darum gut sein, daß die Frage mit Ja oder Nein entschieden wird. Sofern uns Gott die Gnade erweist, die Sache zu einem guten Ende zu führen, müssen wir noch die nötigen Vorkehrungen treffen, solange unser vorzüglichster Schutzherr noch am Leben ist. Alle Gründe, die Euere Hochwürden für diese Sache vorbringen, scheinen mir vortrefflich und weit besser zu sein als meine Ansichten. Es ist also unnütz, bei diesem Punkte weiter zu verweilen.
Wenn Euere Hochwürden in Sevilla warten, könnten Sie uns, falls nicht alles nach unserem Wunsch geht, gerade zu der Zeit abgehen, wo wir Ihrer notwendig bedürften. Ich schreibe dies auch dem Herrn Velasko, auf dessen Meinung ich mich verlasse. Gesetzt den Fall, daß es Sie nicht zu große Mühe kostete, hielte ich es für besser, Sie kämen hierher; Sie könnten dann wieder nach Sevilla zurückkehren. Denn es wäre eine gewagte Sache, so schnell hierher zu reisen. Es scheint zwar da, wo Velasko sich befindet, Ihre Anwesenheit nicht gerade notwendig zu sein — ich habe ihm dies auch geschrieben —; allein es ist doch von großer Bedeutung, daß Sie beide die Angelegenheiten miteinander besprechen. Aber trotzdem könnte der Fall eintreten, wo Ihre Abwesenheit sehr nachteilig wäre; wenigstens könnte Velasko, obgleich wir in innigster Freundschaft miteinander verbunden sind, sich doch sehr gekränkt fühlen. Ist auch Pater Gracicán wieder in Freiheit, so kann er sich doch in die Verhandlung dieser Angelegenheit nicht einlassen. Würden wir in der Folge wirklich erreichen, was wir jetzt vorhaben, so könnte man sagen, er habe schon zuvor gewußt, wofür er sich verwendete. Wenn auch daran wenig gelegen wäre, so muß man doch jeden Anlaß zu solch einem Gerede vermeiden.
Gesetzt den Fall, es würde der Einsiedler in der Höhle nicht Provinzial werden, weil man ihm ein anderes Amt übertragen möchte, so habe ich mir gedacht, es eignete sich hiefür wohl Pater Anton von Jesu, der schon einmal Provinzial gewesen ist. Hätte er einen Vorgesetzten über sich und besonders einen klugen Amtsgenossen an seiner Seite, so würde er gewiß sein Amt gut verwalten; er hat davon schon Zeugnis abgelegt, als der Visitator von Salamanka ihm einen Auftrag erteilte. So würden wir dieser Versuchung und dieses kleinlichen Parteigeistes, wenn er überhaupt existiert, los werden; denn dessen Vorhandensein wäre ein größeres Übel als die Fehler, die Pater Anton als Provinzial begehen könnte. Ich sage Ihnen dies, weil ich nicht weiß, wann ich Ihnen wieder etwas Neues berichten kann, da ich mit meinen Briefen so wenig Glück habe. Den gegenwärtigen wenigstens habe ich Ihnen übersandt mit dem Auftrage, sorgfältig darauf achtzugeben.
Ich möchte doch wissen, woher dieser neue Wirrwarr in Sevilla kommt, von dem Sie sprechen. Gebe Gott, daß dieses Unwesen in Audalusien einmal ein Ende nehme! Der Herr behüte Sie! Ich bin müde, da ich viele Briefe geschrieben. Bin ich auch gesünder als in Sevilla, so verläßt mich doch mein Kopfleiden nie. Wenn der Pater Prior von Almodóvar in Sevilla sein sollte, so grüßen Sie ihn recht freundlich! Ich bemühe mich viel für seine Freunde. Ich nehme auf die Empfehlung eines jeden von ihnen hin eine Nonne auf. Gebe Gott, daß er mir dafür dankbar sei! Die eine ist mir von Johann Vásquez, die andere durch seinen Freund de Cantalapiedra empfohlen worden; die letztere ist jene, die aus dem Kloster zu Veas austrat, und, wie man mir sagte, beim Pater Prior sehr in Gunst steht.
Die Priorin empfiehlt sich in Ihr Gebet. Alle Schwestern flehen für Sie zu unserem Herrn; besonders aber ich, und ich vergesse es nie. Ich kann nicht umhin, einen Verdacht gegen Sie zu hegen; es scheint mir nämlich, daß Sie sich freuen, irgendeinen Anlaß zu haben, um in Sevilla bleiben zu können. Ist dieser Verdacht unbegründet, so möge mir Gott verzeihen! Seine Majestät mache Sie recht heilig und erhalte Sie noch viele Jahre! Amen.
Heute ist der 13. Januar.
Euerer Hochwürden unwürdige Dienerin
Theresia von Jesu
