267. Brief — An Don Ferdinand de Pantoja, Prior des Kartäuserklosters de las Cuevas in Sevilla
Ávila, am 31. Januar 1579
Prüfungen im Kloster zu Sevilla. Absetzung der Priorin. Ein stellenloser Diener. Bitte um Schutz der Nonnen.
Jhs
Die Gnade des Heiligen Geistes sei mit Euerer Paternität, mein Vater!
Was denken Euere Paternität wohl bei den Vorgängen im Kloster zum glorreichen heiligen Joseph in Sevilla? Wie ist man doch mit diesen Ihren Töchtern umgegangen, und wie verfährt man noch gegen sie? Dazu müssen sie schon seit langem geistige Leiden und Verdrießlichkeiten von seiten dessen auf sich nehmen, der sie trösten sollte. Wenn diese Nonnen Gott um viele Leiden gebeten haben, so sind sie nach meinem Dafürhalten genugsam erhört worden. Er sei gepriesen für alles!
Bezüglich jener Schwestern, die mit mir nach Sevilla gekommen sind, habe ich wahrhaftig sehr wenig Kummer; ja manchmal freue ich mich sogar, wenn ich an alle Verdienste denke, womit sie sich in diesem Kampfe, den der Teufel über sie heraufbeschworen hat, bereichern können. Über jene aber, die erst in Sevilla eingetreten sind, bin ich bekümmert. Jetzt, da sie sich bemühen sollen, den inneren Frieden sich zu erwerben und die Vorschriften des Ordens kennenzulernen, müssen sie in beständiger Unruhe dahinleben. Dies kann diesen Neulingen im Ordensleben nur großen Schaden bringen. Möge der Herr hier Abhilfe schaffen! Ich versichere Sie, mein Vater, daß der Teufel schon seit langem darauf ausgeht, diese Schwestern zu beunruhigen. Ich habe der Mutter Priorin schon geschrieben, sie möge Ihnen alle ihre Leiden mitteilen, aber sie hat es allem Anscheine nach nicht gewagt. Es wäre ein großer Trost für mich, bei Ihnen, mein Vater, mich recht offen aussprechen zu können. Allein, da es nur schriftlich geschehen kann, so wage ich es nicht; und wenn der Bote nicht so verlässig wäre, würde ich auch dieses nicht schreiben.
Dieser junge Mensch kam zu mir und bat mich, ihn zu empfehlen, wenn ich in Sevilla jemand kennen würde, der ihm durch gütige Fürsprache zu einem Dienste verhelfen könnte. Weil das Klima hier kalt und die Kälte seiner Gesundheit nachteilig ist, so kann er, obwohl er von hier gebürtig ist, doch nicht hier bleiben. Bisher war er bei einem Kanonikus dieser Stadt, der mein Freund ist, im Dienste, und dieser versichert mich, daß er tugendhaft und treu sei, daß er eine schöne Handschrift habe und gut rechnen könne. Wenn sich darum eine Gelegenheit, ihn unterzubringen, ergibt, so bitte ich Euere Paternität, mir um der Liebe unseres Herrn willen diese Gnade und Seiner Majestät diesen Dienst zu erweisen. Sie können, wenn es zu seiner Empfehlung notwendig ist, all die Eigenschaften erwähnen, die ich hier angeführt habe; denn der, von dem ich diese Aufschlüsse habe, wird mir nie etwas anderes als nur die lautere Wahrheit sagen.
Ich freute mich, als dieser Mensch zu mir kam, weil sich mir eine Gelegenheit bot, bei Euerer Paternität mir Trost zu erholen und Sie zu bitten, diesen Brief der früheren Priorin und den Nonnen, die von Kastilien nach Sevilla gekommen sind, zum Lesen zu geben. Sie werden schon wissen, daß man die Priorin abgesetzt hat und mit ihrem Amte eine von jenen betraut hat, die erst in Sevilla eingetreten sind. Sie werden auch von den anderen Verfolgungen wissen, welche diese Schwestern ausgestanden haben; man ging sogar so weit, daß man ihnen die Briefe abforderte, die ich ihnen geschrieben. Diese Briefe befinden sich jetzt in den Händen des Nuntius. Die armen Nonnen hatten durchaus niemand, der ihnen durch Rat beigestanden wäre. Die Theologen dahier sind ganz erstaunt über die Handlungen, wozu man diese Nonnen, um nicht der Exkommunikation zu verfallen, genötigt hat.
Ich fürchte nur, daß sie dadurch ihr Gewissen sehr beschwert haben. Sie müssen offenbar nicht verstanden haben, was sie sagten; denn in den Prozeßakten kommen ganz unwahre Aussagen über Dinge vor, von denen mir nicht im mindesten etwas bekannt ist, obwohl ich zur Zeit, wo sie geschehen sein sollten, selbst in Sevilla anwesend war. Aber ich wundere mich nicht, daß man diesen Nonnen den Kopf verwirrt hat; denn eine von ihnen verhörte man sechs Stunden lang, und eine Person, die nicht viel Verständnis besitzt, wird da leicht alles unterschreiben, was man von ihr verlangt. Wir haben aus diesem Prozesse so viel gelernt, daß wir aufmerksam prüften, was wir unterschrieben, und so konnte man auch nichts gegen uns aussagen.
Seit eineinhalb Jahren hat uns unser Herr auf alle mögliche Weise heimgesucht; allein ich habe das festeste Vertrauen, daß Seine Majestät seine Diener und Dienerinnen auch verteidigen wird, und daß die Wirren, die der Teufel in diesem Kloster heraufbeschworen hat, wieder beseitigt werden. Der glorreiche heilige Joseph wird die volle Wahrheit ans Tageslicht bringen und die Tugend jener Nonnen, die von Kastilien nach Sevilla gekommen sind, offenbar werden lassen. Jene, die erst in Sevilla eingetreten sind, kenne ich nicht; ich weiß nur, daß sie bei jenem mehr Gehör finden, der mit ihnen unterhandelt, und das war in vieler Hinsicht ein großer Schaden.
Ich bitte nun Euere Paternität um der Liebe unseres Herrn willen, diese Nonnen nicht zu verlassen und ihnen durch Ihr Gebet in ihrer Trübsal beizustehen. Sie haben sonst keine Hilfe als Gott allein; auf Erden ist niemand mehr, bei dem sie Trost finden könnten. Allein Seine Majestät, die ihre Tugend kennt, wird sie beschützen und Euere Paternität mit Liebe erfüllen, um dasselbe zu tun.
Den beiliegenden Brief sende ich offen. Besteht für diese Nonnen noch das Gebot, die Briefe, die sie von mir erhalten, dem Provinzial auszuliefern, so wollen Euere Paternität dafür sorgen, daß ihnen jemand diesen Brief vorliest; denn es könnte ihnen doch einigen Trost gewähren, von mir einen Brief zu sehen.
Man meint, der Provinzial wolle diese Nonnen aus dem Kloster vertreiben, und man sagt, daß in diesem Falle auch die Novizinnen mit ihnen nach Kastilien gehen wollten. Soviel ich merke, kann es der Teufel nicht ausstehen, daß sich in Sevilla unbeschuhte Brüder und Nonnen befinden, und darum führt er einen so heftigen Krieg gegen sie. Ich habe jedoch die Zuversicht auf den Herrn, daß der böse Feind wenig erreichen wird.
Bedenken Euere Paternität, daß Sie allein die Nonnen seit ihrer Niederlassung in Sevilla erhalten haben; und darum wollen Sie auch jetzt wieder, wo ihre Not am größten ist, mit dem heiligen Joseph ihnen beistehen! Möge Seine Majestät Sie noch viele Jahre zum Schutze dieser armen Nonnen erhalten! Denn ich kenne schon die Ergebenheit, die Sie den dortigen unbeschuhten Vätern erzeigt haben. Möge der Herr Sie immer mehr an Heiligkeit zunehmen lassen, worum ich ihn stets bitte! Amen.
Heute ist der letzte Tag des Januar.
Euerer Paternität unwürdige Dienerin und
Untergebene
Theresia von Jesu
Wenn es Ihnen nicht zuviel Mühe macht, können Sie den bei-
liegenden Brief an die Schwestern selbst lesen.
Anschrift: An den hochherrlichen, hochwürdigen Herrn, meinen Dr. Ferdinand, Prior de las Cuevas, meinen Gebieter in Sevilla.
